Ohne Testament könne der letzte Wille nicht verfälscht werden, so die Argumentation einer Erbin. Der OGH widersprach.

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Wer absichtlich die Verwirklichung des letzten Willens einer verstorbenen Person vereitelt, ist "erbunwürdig" und verliert seinen Anspruch. Was aber, wenn der Erblasser gar kein Testament aufsetzte?

Eine Witwe fälschte nach dem Tod ihres ohne letztwillige Verfügung verstorbenen Mannes ein Testament, in dem sie als alleinige Erbin aufschien. Die Tochter, zu zwei Dritteln gesetzliche Erbin, hätte sich demnach mit dem geringeren Pflichtteilsanspruch begnügen müssen. Die Frau des verstorbenen Mannes erstattete zwar noch während des Verlassenschaftsverfahrens Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft, die Tochter wendete aber dennoch die Erbunwürdigkeit der Witwe ein.

Fälschung war "Kurzschlussreaktion"

Diese betonte, dass es dem tatsächlichen Willen des Erblassers entsprochen habe, dass seine Tochter nichts erbe. Mit der sehr plumpen Fälschung des Testaments habe sie keineswegs den Willen ihres Mannes vereiteln, sondern diesem vielmehr zum Durchbruch verhelfen wollen. Bei der Fälschung habe sie in einer Kurzschlussreaktion "den guten Rat" befolgt, doch einfach ein Testament im Namen des Verstorbenen aufzusetzen. Sie sei schon allein deshalb nicht erbunwürdig, weil ihr Mann kein eigenes Testament hinterlassen habe und somit seine gewollte Erbfolge nicht gefährdet wurde.

Dem widersprach der Oberste Gerichtshof (OGH 28.1.2021, 2 Ob 174/20g). Laut Gesetzeswortlaut sei Erbunwürdigkeit wegen absichtlicher Vereitelung des letzten Willens jedenfalls dann gegeben, wenn die verstorbene Person zu einer Erklärung gezwungen oder daran gehindert wurde. Die Bestimmung sei jedoch auch in Fällen anwendbar, in denen der Verstorbene kein Testament hinterlassen hat und durch die Handlung des Erben die gesetzliche Erbfolge beeinträchtigt wird.

Gesetzliche Erbfolge als letzter Wille

Dann gelte die gesetzliche Erbfolge nämlich als wahrer Wille des Erblassers. Laut Höchstgericht ist es allgemein bekannt, dass ohne Testament die gesetzliche Erbfolge eintritt. Wer keine letztwillige Verfügung trifft, äußert seinen Willen zumindest insoweit, als er sich mit den gesetzlich vorgesehenen Erben abfindet.

Da die Witwe die Fälschung des Testaments zugab, stellte sich im gegenständlichen Fall allerdings die Frage, ob sie dadurch ihre Erbwürdigkeit wiedererlangte. Voraussetzung dafür wäre, dass die Frau die Selbstanzeige tatsächlich freiwillig erstattete und nicht etwa deshalb, weil sie befürchtete aufzufliegen. Da für die Entscheidung weitere Feststellungen notwendig sind, verwies der OGH das Verfahren zurück an das Erstgericht. (japf, 16.3.2021)