Die erstaunliche Langlebigkeit von Fledermäusen könnte wichtige Impulse für die medizinische Forschung geben.

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Das langlebigste Wirbeltier auf unserem Planeten ist der Grönlandhai. Mehr als 400 Jahre kann er alt werden, geschlechtsreif ist er erst mit 150. Den Altersrekord unter den Säugetieren hält eine benachbarte Art, der Grönlandwal, der es immerhin auf eine Lebenserwartung von mehr als 200 Jahren bringt und ebenfalls in arktischen Gewässern lebt. Bei Säugetieren hängt das Alter allometrisch mit dem Körpergewicht zusammen, weshalb größere Säugetiere normalerweise auch eine längere Lebenszeit besitzen. Doch manche Säuger flattern aus der Reihe: Fledermäuse haben eine für ihre Größe ungewöhnlich hohe Lebenserwartung.

Die älteste bekannte freilebende Fledermaus wurde über 41 Jahre alt – und das bei einem Gewicht von gerade einmal sieben Gramm. Die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii) wird demnach 9,8-mal älter, als man bei dieser Körpergröße annehmen würde. Ihre extreme Langlebigkeit und die Tatsache, dass sie wenige Alterungserscheinungen zeigen, rückt Fledermäuse schon länger in den Fokus der Wissenschaft. Erkenntnisse über die Mechanismen, die bei Fledermäusen schädlichen Alterungseffekten vorbeugen, könnten für die medizinische Forschung sehr nützlich sein.

Fahndung in der DNA

Ein internationales Forscherteam hat nun Methylierungsmuster der DNA von 26 Fledermausarten untersucht. Ihr Ziel war es, epigenetische Veränderungen zu identifizieren, die mit dem Alter und der Langlebigkeit der Tiere assoziiert sind. Der Methylierungsgrad bestimmter DNA-Regionen beeinflusst viele Prozesse in einem Organismus, etwa die Regulation von Genen, aber auch die Entstehung von Tumoren. Bei Menschen ist es schon länger möglich, das biologische Alter anhand von alterstypischen Veränderungen der Methylierung zu bestimmen.

"Der Datensatz zu 712 Fledermäusen bekannten Alters, den wir hier zusammengetragen haben, ist absolut phänomenal", sagte Frieder Mayer vom Berliner Naturkundemuseum, Ko-Autor der Studie im Fachblatt "Nature Communications". "Das Alter von Fledermäusen lässt sich nicht an äußeren Merkmalen feststellen, sondern musste bisher über aufwendige Langzeitstudien ermittelt werden. Die Ergebnisse dieser Studie erlauben nun, das genaue Alter von Fledermäusen über Analysen der Methylierungsmuster ihrer DNA zu bestimmen."

Unterdrückte Tumorbildung

Die Möglichkeit einer exakten Altersbestimmung von freilebenden Fledermäusen sei für künftige Forschungsvorhaben von großer Bedeutung, sagte Martina Nagy vom Berliner Naturkundemuseum, ebenfalls Ko-Autorin der Studie.

Denn Fledermäuse werden nicht nur sehr alt, sie bleiben dabei auch lange gesund und erkranken nur selten an Krebs. Das hängt vermutlich mit genetischen Anpassungen zur Unterdrückung der Tumorbildung zusammen. Darauf deuten auch die aktuellen Studienergebnisse hin: Änderungen der Methylierung in DNA-Regionen, die mit Langlebigkeit assoziiert sind, betreffen bei Fledermäusen Gene des angeborenen Immunsystems und der Tumorbildung und machen die bemerkenswerte Langlebigkeit der Tiere vermutlich erst möglich. (red, 17.3.2021)