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In den zahlreichen Prozessschritten einer Halbleiterfertigung können sich Fehler einschleichen.

Foto: REUTERS/Thomas White/Illustration/File Photo

Graz – Auf dem Weg vom Quarzsand zum verkaufsfertigen Chip kann viel schiefgehen. Einerseits kann bereits das Rohmaterial selbst fehlerhaft sein. Andererseits können sich in den zahlreichen Prozessschritten einer Halbleiterfertigung Fehler einschleichen, die ein Hightech-Produkt zur Ausschussware degradieren oder zumindest seine Lebensdauer empfindlich verkürzen. Jedes Unternehmen in der Halbleiterindustrie setzt deshalb Verfahren zur Qualitätssicherung bzw. zur Qualitätskontrolle ein.

Dem sind jedoch Grenzen gesetzt, wie Ulrike Kleb von Joanneum Research erklärt: "Es gibt versteckte Fehler in oder auf Chips, die mit den üblichen Prüfmethoden in der Halbleiterproduktion kaum erkannt werden. Entweder kann man nur die Oberfläche untersuchen oder man muss den Chip zerstören, um Fehler zu finden." Solche Fehler können Verunreinigungen im Material, winzige Risse, Lufteinschlüsse oder Ähnliches sein.

Im Projekt Lusi-Q (Laserultraschall zur In-Line-Qualitätssicherung in der Halbleiterindustrie) arbeitet Joanneum Research gemeinsam mit dem Halbleiterunternehmen Infineon Technologies Austria an einer neuen Methode für die berührungslose und zerstörungsfreie Prüfung von Chips. Das dreijährige Projekt wird von der Förderagentur FFG im Rahmen des Programms "Produktion der Zukunft" gefördert. Es läuft noch bis April 2023 und verfügt über ein Volumen von 960.000 Euro. Weitere Projektpartner sind die Universität Graz und der Vorarlberger Laserhersteller Montfort.

Sensor lernt aus Ultraschalldaten

In Lusi-Q werden sogenannte Softsensoren für die Qualitätskontrolle entwickelt. Dabei handelt es sich um statistische Modelle, die auf Grundlage von real gemessenen Inputdaten einen gewünschten Zielwert berechnen. Ein solcher Zielwert ist beispielsweise so definiert, ob ein Chip Fehler aufweist oder nicht. Wesentliche Quelle der Inputdaten sind Messungen an den Chips mittels Laserultraschall.

Bei dieser Technologie erzeugt ein Laser hochfrequente Schallwellen, die sich durch das jeweilige Prüfobjekt hindurch ausbreiten und von Detektoren an definierten Stellen erfasst werden. Im Unterschied zum klassischen Ultraschall ist hier kein physischer Kontakt zwischen Prüfling und Messeinrichtung erforderlich. Die Grundidee lautet, dass ein systematischer Zusammenhang zwischen konkreten Messdaten und dem Vorliegen von Fehlern im Chip besteht.

Mit Methoden des maschinellen Lernens kann man dem Softsensor beibringen, diesen Zusammenhang zu erkennen. Dazu benötigt man eine hinreichend große Anzahl an Datenpaaren, die einerseits die Messergebnisse des Laserultraschalls enthalten und als zweite Komponente die Information, ob der Chip fehlerhaft ist oder nicht. Aus diesen Datenpaaren kann das Modell den gewünschten Zusammenhang lernen und in der Folge auf ganz neue Inputdaten anwenden.

Auswahl der Daten

Anders als bei manchen neuronalen Netzwerken werden als Inputdaten allerdings nicht uninterpretierte, rohe Messsignale verwendet. Die Auswahl der Daten, die als Input für den Lernvorgang herangezogen werden, orientiert sich vielmehr an realen physikalischen Zusammenhängen, beispielsweise zwischen der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Ultraschallwellen und dem Material, in dem sie sich ausbreiten.

Diese Zusammenhänge werden vorab durch Computersimulationen errechnet und an den tatsächlichen Messungen verifiziert. Der Softsensor lernt also nicht wie eine Blackbox, bei der man keine Ahnung hat, wie das Lernresultat zustande kommt, sondern er modelliert plausible physikalische Regelmäßigkeiten.

Ein Ziel des Projekts ist es, die Technologie so weit zu entwickeln, dass die Kombination aus Softsensor und Laserultraschallmessung direkt in Anlagen zur Chipproduktion integriert werden kann und dort in Echtzeit Fehler prognostiziert. Als fehlerhaft klassifizierte Chips könnten dann sofort ausgesondert werden. Zusätzlich sollen auch die Art und das Ausmaß des Fehlers identifizierbar werden.

Ein Fernziel ist es außerdem, die Resultate der Fehlererkennung an den Fertigungsprozess rückzukoppeln und so die Produktion selbst so weit zu optimieren, dass die Fehlerhäufigkeit reduziert wird. Das Projekt Lusi-Q konnte vergangene Woche bei der zehnten Zukunftskonferenz von Joanneum Research auch die Publikumsjury überzeugen – es holte dort einen Best Performance Award. (rl, 19.3.2021)