Reinhold Mitterlehner, Sebastian Kurz’ Vorgänger als ÖVP-Chef, beantwortete am Dienstag die Fragen der Abgeordneten im Ibiza-Untersuchungsausschuss – und machte bemerkenswerte Andeutungen.

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Der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner blieb zwar recht vage in seinen Aussagen beim Ibiza-Untersuchungsausschuss. Seine Andeutungen hatten es allerdings in sich – was das Spendensystem der ÖVP als Ganzes betrifft, und auch, was einzelne Akteure betrifft.

Etwa Franz Hörl, den Obmann des Fachverbandes der Seilbahnwirtschaft und türkisen Nationalratsabgeordneten. "Interessant" sei es gewesen, wer so auf Nationalratslisten landete, meinte Mitterlehner, just als es um Zusammenkünfte zur Spendenakquise ging. Es sei ein "Biotop" entstanden, in dem man bei Politikern ein offenes Ohr gefunden habe, meinte Mitterlehner. Die angedeutete Verquickung: Die Bergbahnen sollen gespendet haben, zufällig sei der Obmann dann auch wieder auf die Liste gekommen.

Hörl war von 2006 bis 2013 Nationalratsabgeordneter, dann noch einmal von Jänner 2018 bis zum Juni 2019, und er ist es erneut seit Oktober 2019. Er war Teil der Adlerrunde, eines Zusammenschlusses von Tiroler Unternehmern, der – etwa durch ein ganzseitiges Inserat in der Tiroler Tageszeitung – seine Forderungen an die Politik zu richten pflegt. Im Jahr 2017 beinhaltete die Wunschliste etwa einen Zwölf-Stunden-Arbeitstag, eine Sechzig-Stunden-Woche, die Senkung der Körperschaftssteuer, Erleichterungen bei Betriebsübergaben an den Nachwuchs und die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Bekanntlich fand einiges davon Niederschlag im Programm der türkis-blauen Regierung.

Hörl wehrt sich

Der Abgeordnete ist nun nicht mehr als Adlerrunden-Mitglied gelistet, er selbst tauchte auch bisher nicht im Zusammenhang mit Spenden an die ÖVP auf, für alle genannten oder vage dargebrachten Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.

Hörls Weggefährten aus der Adlerrunde jedoch waren in der Vergangenheit alles andere als knausrig mit Spenden an die ÖVP, über eine Million Euro flossen im Laufe der Zeit von den Adlern an die Partei. Heiß umstritten war zudem deren Einfluss rund um die Schließung Ischgls zu Beginn der Pandemie.

Hörl selbst bestreitet die Vorwürfe in einem an den STANDARD übermittelten Statement: "Wer glaubt, dass Mandate käuflich sind, dem müsste ein Blick auf meine politische Vita genügen. Ich musste mir alle meine politischen Mandate erarbeiten und teils erkämpfen. Bei Kollegen Mitterlehner war das durchaus anders."

Von einem System des Quidproquos – also davon, dass tatsächlich Spenden gegen Gesetze oder Posten getauscht worden sein sollen – wollte Mitterlehner dezidiert nicht sprechen, er gab aber einen Einblick, wie es offenbar nun einmal läuft: "Man hat gewusst gegenseitig, was von Vorteil sein kann", sagte er. "So ist leider das österreichische Leben: Wollen sie öffentlich finanziert sein (die Parteien wohl, Anm.) oder auch durch Spenden?" Solange beides der Fall sei, sei das alles schwierig, sagte Mitterlehner sinngemäß.

Angesprochen auf die Spendenrallyes – auch "Unternehmergespräche" genannt –, von denen er auch in seinem Buch schreibt, meinte Mitterlehner, er habe im August 2016 wahrgenommen, dass Unternehmer auf Schloss Reifnitz in Kärnten eingeladen worden seien. Da sei es auch um Spenden gegangen. Die Lage für Spender sei eigentlich unangenehm gewesen, sagt er, wegen der Meldepflicht und Rechtsprechung – das Aufkommen sei aber ohnehin eher gering gewesen.

Spenden "kein Thema"

Die zweite Auskunftsperson war weniger redselig. Immerhin ist sie der türkisen, nicht der schwarzen ÖVP zuzurechnen: Antonella Mei-Pochtler, Leiterin der vom Kanzler eingerichteten Strategiestabsstelle Think Austria. Spenden seien "zu keinem Zeitpunkt Gesprächsthema" gewesen. Auch von Postenbesetzungen wüsste sie nichts. Sie habe von März 2018 einen Beratungsvertrag mit dem Bundeskanzleramt gehabt, der habe bis zur Auflösung der ersten Kurz-Regierung gedauert.

Von der dritten Auskunftsperson erhofften sich die Abgeordneten Informationen zu verschiedenen Bestellung im staatsnahen Bereich: Berhard Perner, bis April 2019 Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium war geladen.

Wie es dazu gekommen sei, dass Thomas Schmid, damals Generalsekretär von Gernot Blümel (ÖVP) im Finanzministerium Chef der neu geschaffenen Beteiligungs-Holding Öbag geworden ist? Neos-Mandatarin Stephanie Krisper legt dazu Protokolle eines Gruppenchats zwischen Schmid, dessen Assistentin und Perner vor. Darin formuliert Perner ein "paar Ideen" für den Ausschreibungstext – für jenen Job, den Schmid später erhalten wird. Etwa: "Erfahrung in Verhandlungsführung mit politischen Stakeholdern" oder "International eher streichen?" Wenig Später Schmid an seine Assistentin: "Perner Tipps sind sehr gut".

Perner gibt im Ausschuss an, sich nicht erinnern zu können.

Kickl und Niessl zu Gast

Am Mittwoch ist FPÖ-Klubchef und Ex-Innenminister Herbert Kickl geladen. Vor ihm wird der ehemalige Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Niessl (SPÖ), befragt, es geht um Glücksspielfragen. Zudem soll David R. aussagen, der vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos auf Neuwahlen gewettet und damit Hausdurchsuchungen im (roten) Umfeld ausgelöst hatte. (Renate Graber, Gabriele Scherndl, Sebastian Fellner, 16.3.2021)