In der Coronavirus-Pandemie steht die EU derzeit schlecht da. Die USA gewinnen durch eine beschleunigte Impfoffensive gegen das Virus zunehmend an Terrain, Australien schafft es mit harschen Lockdowns, den Erreger großteils fernzuhalten. In Europa hingegen steigen vielerorts erneut die Infektionsraten – unter anderem auch in Österreich.

Nun hat die Hälfte aller EU-Staaten trotz dieser epidemiologisch riskanten Situation die Impfungen mit dem mengenmäßig zweitwichtigsten Vakzin, dem Serum von Astra Zeneca, unterbrochen; allein Österreich hat 5,9 Millionen Dosen davon bestellt. Das ist bedenklich, die Beschlüsse erfolgten überstürzt. Zwar wurden sie, etwa in Deutschland, mit dem sonst hochgelobten Vorsorgeprinzip begründet, da das Vakzin in einer statistisch geringen Zahl von Fällen Thrombosen ausgelöst haben könnte. In diesem Fall aber gibt das zur Sorge Anlass – wegen der möglichen Folgen.

Im Kampf gegen das Coronavirus würde Astra Zeneca schmerzlich abgehen.
Foto: imago/Joerg Boethling

Sollten die Impfstopps nämlich national oder, nach der Einschätzung der EU-Arzneimittel-Agentur EMA am Donnerstag, sogar unionsweit in ein endgültiges Aus für Astra Zeneca münden, wäre das europäische Ringen mit der Seuche entscheidend geschwächt. Statt in der Union und in deren Anrainerstaaten großflächig Menschen vor dem gefährlichen Erreger zu schützen, statt ab Sommer das Sozialleben und die Wirtschaft langsam wieder hochfahren zu können, würde es mit einiger Wahrscheinlichkeit bei der derzeitigen Vakzineknappheit bleiben. Dass das Risiko für einen solchen Notstand durchaus besteht, zeigt der Standard-Bericht über zu geringe Bestellungen Österreichs beim vierten in der EU zugelassenen Corona-Vakzinhersteller, Johnson & Johnson.

Ignoriert eine solche Argumentation die vielleicht wirklich existierenden Gefahren durch Astra-Zeneca-Impfungen? Sollte man ein Impfangebot mit diesem in Österreich weiterhin verwendeten Präparat sicherheitshalber ausschlagen? Laut derzeitigem Wissensstand nicht, denn der kausale Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Thrombosen ist keineswegs klar. Laut Experten wird er auch schwer nachzuweisen sein.

Tatsächlich dürfte der Grund dafür, dass der in Oxford entwickelte Impfstoff in Verruf geraten ist, vielmehr an den Ungereimtheiten liegen, die ihn von Beginn an begleiteten: Unzureichende Stichproben und gebrochene Lieferversprechen führten zu einem Misstrauen, das nur schwer zu zerstreuen ist. In der EU sollte man es dennoch versuchen. Denn im Kampf gegen das Coronavirus würde Astra Zeneca schmerzlich abgehen. (Irene Brickner, 16.3.2021)