Nachdem Wikipedia jahrelang auch Konzernen die eigenen Informationen kostenlos zur Verfügung stellte, ist nun eine Enterprise-Version des Dienstes geplant.

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Es gibt vermutlich wenige Menschen, die die Online-Enzyklopädie Wikipedia noch nie genutzt haben. Doch trotz der großen Beliebtheit ist der Service von individuellen Spenden und Zuschüssen abhängig. Big-Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Facebook und Apple bedienen sich der dort fast endlos verfügbaren Informationen für ihre Plattformen und virtuellen Assistenten, die den Dienst als kostenlosen Spickzettel nutzen. Mit dem Launch einer kommerziellen Version namens Wikimedia Enterprise sollen ebendiese Konzerne nun zur Kasse gebeten werden.

Insbesondere mit Google gab es bisher eine Art unausgesprochene Partnerschaft. Denn während Wikipedia Informationen produziert, werden ebendiese dank der Suchmaschine Millionen Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung gestellt. Damit wird auch der Ruf von Wikipedia als Quelle vertrauenswürdiger Informationen gefestigt, berichtet "Wired". Die Zusammenarbeit währt bereits seit 20 Jahren, doch während Google zum Milliardenkonzern aufstieg, ist Wikipedia nach wie vor eine Non-Profit-Organisation.

Gleichgewicht schaffen

Die geplante Enterprise-Version des eigenen Dienstes soll deshalb als Schritt dahin gelten, das entstandene Ungleichgewicht zumindest ein Stück weit auszugleichen. Schon jetzt sollen Gespräche mit den wichtigsten und größten Konzernen geführt werden, entsprechende Abmachungen sollen schon kommenden Juni in Kraft treten.

"Das ist das erste Mal, dass die Stiftung erkannt hat, dass unsere Dienste auch kommerziell genutzt werden", sagt diesbezüglich Lane Becker, ein Senior Director der Wikimedia Stiftung, der das Enterprise-Projekt vorantreibt. "Wir haben gewusst, dass es sie gibt, aber wir haben sie nie wirklich als Nutzerbasis behandelt."

Maßgeschneiderte Lösungen

Man wolle deshalb ein kostenpflichtiges Produkt schaffen, das auf die Anforderungen jedes einzelnen Unternehmens zugeschnitten ist. Unter anderem sollen damit Echtzeit-Änderungen und umfassende Daten in einem kompatiblen Format geliefert werden. Außerdem beinhalte eine solche Version auch einen entsprechenden Kundenservice inkusive eine Service-Rufnummer, einer garantierten Liefergeschwindigkeit für Daten und einem Expertenteam, das mit der Lösung spezifischer technischer Fehler beauftragt werde.

Zusätzlich sollen die Daten für Unternehmenskunden nicht mehr auf den hauseigenen Servern gehostet werden, stattdessen würden die Amazon Web Services (AWS) zum Einsatz kommen. Dadurch sollen die Bedürfnisse der Kunden besser erfüllt werden können. Die Stiftung betont jedoch, dass sie "weder vertraglich noch technisch oder finanziell verpflichtet ist, die AWS-Infrastruktur zu nutzen".

Gratis Wissen für alle

Firmen sollen dank der auf sie zugeschnittenen Version schlussendlich sicherstellen können, dass stets die neueste und somit akkurateste Version eines Artikels angezeigt wird. Zudem mache eine vertragliche Beziehung deutlicher, dass Unternehmen – die einen Mehrwert aus dem freiwilligen Projekt ziehen – etwas zurückgeben sollten, sagt Lisa Seitz-Gruwell, Chief Revenue Officer der Stiftung. Die Konzerne sollten laut ihr nämlich einen Beitrag zum Erhalt der Ressourcen leisten, die ihr Geschäftsmodell mittragen.

Die Enterprise-Version soll jedoch nicht zur primären primären Finanzierungsquelle der Enzyklopädie werden. Weiterhin sollen Nutzerspenden und Zuschüsse den größten Teil der Last tragen. Die neu hinzukommende Einnahmequelle soll hingegen Stabilität mit sich bringen, die für die Erreichung der Unternehmensziele wichtig sei. Denn bis 2030 habe man sich vorgenommen, noch mehr Teile der Welt mit "kostenlosem Wissen" zu erreichen, erklärt Seitz-Gruwell. (mick, 17.3.2021)