Christian Kern war am Dienstag zu Gast bei Dirk Stermann und Christoph Grissemann.

Foto: ORF/Hans Leitner

Alter Schwede! Christian Kern bei "Willkommen Österreich!" Du erinnerst dich: Er war die eloquente coole Hoffnung der SPÖ, die der Politik schwuppdiwupp wieder entsagte. Es machte damals die Vermutung die Runde, Kern habe die Aussicht auf Oppositionsjahre die Motivation verhagelt. Verständlich, doch was für ein Abgang damals! Kern überraschte mit der Ankündigung, bei den EU-Wahlen für die SPÖ und irgendwie auch für die EU-Sozialdemokratie an sich antreten zu wollen. Aus alledem wurde nix, seitdem gilt Kern für viele als größte Enttäuschung seit der Erfindung der SPÖ.

Bei Willkommen Österreich trinkt Kern Wasser und wirkt in Form. Unter der Lockerheit schlummert vielleicht ein Hauch von Qual. Klar. Man weiß nie, was die Witzkünstler fragen könnten. An sich aber parliert er locker über sein aktuelles Leben als Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn. Auch klärt er alte Gerüchte auf. Nein, Jäger war er nie. Nein, es gab keine ausgiebigen SMS-Dialoge mit Sebastian Kurz – ja, und die Politik an sich! "Du kannst es in der Politik nicht so dumm denken, wie es hinterherkommt", sagt Kern lässig. Offen bleibt, ob er diese Weisheit auch auf die russische Politik anwenden würde.

Danach gefragt, ob sich der Händedruck von Wladimir Putin nun anders anfühlt als zu jener Zeit, als er, Kern, Kanzler war, gibt er sich denn auch eher säuerlich. Er helfe in Russland ja nur mit, die Zufriedenheit der Bahnkunden zu steigern. Ein kabarettistischer Moment, zweifellos. Zuseher ahnten hier, wie unterhaltsam es geworden wäre, hätte das Frageduo auch Kerns letzte rätselhaft theatralische Politphase vertiefend angesprochen. Schade. (Ljubiša Tošić, 17.3.2021)