Kommunikation sei der größte Schwachpunkt von Sabine Haag, sagen Insider. Darunter leidet eine so große Institution wie das KHM.

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Eine Königin im Elfenbeinturm, die den Kontakt mit ihrem Hofstaat scheut. An ihrer Seite der Haushofmeister, der ihr in wirtschaftlichen Belangen den Rücken freihält. Die Berater nicht zu vergessen, die sich fallweise in ihrem Umfeld tummeln. Der Staatsetat ist gut dotiert und ermöglicht nun die Berufung eines Prinzregenten, der sich künftig der Belange des Hofstaates annehmen soll. Keine Prinzregentin? Nun, die Königin hat eine Präferenz für Männer, wie die personellen Bestellungen der letzten Jahre zeigten.

So überzogen dieses Bild auf den ersten Blick wirken mag, Analogien zum Alltag im Kunsthistorischen Museum (KHM) sind gegeben. Kommunikation, so ergaben Hintergrundgespräche mit Insidern und Betroffenen, sei der größte Schwachpunkt der amtierenden Generaldirektorin Sabine Haag.

Bis hin zum Stillstand

Konkret geht es um den fehlenden Austausch mit ihren Sammlungsdirektoren, der dem Vernehmen nach laufend zu Verzögerungen bis hin zum Stillstand führe. Selbst dem dringlichen Wunsch nach einem monatlichen Jour fixe zur Besprechung laufender Projekte oder neuer Ideen sei nicht entsprochen worden, heißt es.

Sabine Haag stellt dies in Abrede: "Es gab und gibt regelmäßige Kommunikation mit den Sammlungsdirektoren, selbstverständlich auch immer mit der Möglichkeit persönlicher Termine." Künftig wird, wie berichtet, die "Leiter/in der Sammlungen und Forschung" für solche Belange zuständig sein. Die seit kurzem ausgeschriebene neue Position, deren Aufgaben sich mit jenen der Generaldirektorin überschneiden, sorgt nicht nur für Kritik. Tatsächlich sehen sich manche in ihrer Einschätzung bestätigt.

Der ehemalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) etwa, der mit einer Neubestellung der KHM-Leitung frischen, konstruktiven Wind ins Haus bringen wollte – und das trotz Haags vielgepriesener Loyalität. Dafür bekam Drozda Schelte zuhauf. Dass Eike Schmid an den Uffizien verblieb, ist bekanntlich eine andere Geschichte.

Zusätzliche Kosten in der Krise

Für Verwunderung sorgen der Zeitpunkt und die zusätzlichen Kosten der neuen Hierarchieebene mitten in einer durch die Pandemie verursachten Wirtschaftskrise, in der dem KHM wesentliche Einnahmen wegfielen. Vom Bund gab es, zusätzlich zur Basisabgeltung (23,84 Millionen), einen Zuschuss von 6,4 Millionen Euro. Hinzu kamen Zahlungen zur Kurzarbeit von 3,1 Millionen Euro.

An die finanziell schwierige Situation knüpft Sabine Haag im Gespräch mit dem STANDARD an und preist den mit der neuen Position verbundenen Mehrwert, da sie sich stärker, als es in ihrer Arbeitszeit bislang möglich gewesen sei, der "Einwerbung von Drittmitteln" widmen wolle. Die zuständige Abteilung "Development" ressortiert direkt bei ihr.

In der Bilanz spielen diverse Fundraising-Aktionen (teils in Zusammenarbeit mit einer Agentur) und Sponsoring (im Kleinen etwa Patenschaften für Kunstwerke) durchaus eine Rolle. Den Geschäftsberichten der vergangenen Jahre zufolge stiegen die Erlöse von 2013 bis 2019 von 1,1 auf 1,9 Millionen Euro. 2020 beliefen sich diese Einnahmen trotz des schwierigen Geschäftsjahrs auf rund eine Million Euro. Der jüngste Coup: Ronald S. Lauder, der dem KHM über die "International Friends of the Kunsthistorisches Museum Vienna" mit Sitz in New York eng verbunden ist, hat sich zu einer größeren Spende entschlossen. Der Betrag sei vertraulich, erklärt Haag. Nur so viel: eine sechsstellige Summe über einen Zeitraum von drei Jahren, die der Sammlung der Hofjagd- und Rüstkammer zugutekommt. Dementsprechend trägt Sammlungsleiter Stefan Krause jetzt die Zusatzbezeichnung "Ronald S. Lauder Direktor".

Waffensammler Lauder

Was hierzulande kaum einer weiß: Lauder sammelt privat seit vielen Jahren Waffen und Rüstungen aus dem Mittelalter und der Renaissance. Im Dezember 2020 wurde bekannt, dass er dem Metropolitan Museum of Art 91 Objekte aus seiner Kollektion schenken wird. Offiziell handelt es sich dabei um die bedeutendste Schenkung in diesem Fachgebiet seit 1942. Die Räume der Met-Schausammlung werden künftig nach dem Philanthropen benannt. Im angelsächsischen Raum sei derlei gang und gäbe, "ich hoffe Nachahmer zu finden", erläutert Sabine Haag. Für Großsponsoren sei es attraktiv, ihren Namen mit Sammlungsbereichen prominent verbinden zu können.

Dazu gehört seit vier Jahren auch der Glücksspielkonzern Novomatic, der das Weltmuseum bis inklusive 2021 unterstützt – dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge mit jährlich 20.000 Euro. Als dieser Museumsstandort nach dreijähriger Umbauzeit 2017 neu eröffnet wurde, gab es mit 23.000 Euro sogar etwas mehr. (Olga Kronsteiner, 17.3.2021)