Die Pandemie schlägt aufs Gemüt. Nach einem neuen Auto steht derzeit vielen Menschen nicht der Sinn.

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Absatz, Ergebnis, Marge, der deutsche Autobauer BMW will nach den flauen vergangenen zwei Jahren mit Gewinneinbruch und Umsatzrückgang wieder Fahrt aufnehmen und sich in allen Kennzahlen deutlich verbessern. "Wir sind mit hoher Dynamik in das neue Jahr gestartet und wollen schnellstmöglich wieder an das Vorkrisenniveau anknüpfen – und darüber hinausgehen", sagt Vorstandschef Oliver Zipse am Mittwoch in München selbstbewusst.

Vor allem bei den E-Autos wollen die Münchner einen Zahn zulegen. Der i4 soll drei Monate früher als geplant auf den Markt kommen, bis 2023 will man in allen wesentlichen Segmenten mindestens ein vollelektrisches Modell auf der Straße haben. Auch Konkurrent Volkswagen nimmt sich in Sachen E-Mobilität einiges vor. Der Wolfsburger Konzern will heuer den Verkauf von Autos mit alternativen Antrieben verdoppeln. 450.000 Fahrzeuge, darunter reine Stromer und Hybridmodelle, sollen ausgeliefert werden – mehr als doppelt so viele wie 2020. Volkswagen rechnet bei seiner Kernmarke VW heuer mit Absatz, Umsatz und Ergebnis über dem Vorjahresniveau.

Onlineverkauf und Abomodell

Schön langsam wollen die Wolfsburger dem Umbruch in der Automobilwelt auch im Vertrieb begegnen. Ab Sommer startet ein Testballon: E-Autos der ID-Baureihe sollen auch online verkauft werden, zudem will man Kunden für Abo-Modelle gewinnen. Sie sollen ein Auto gegen einen monatlichen Pauschaltarif nutzen können, Zusatzfunktionen wie Navigation oder eine Ladeflatrate sollen über Mobilfunk gebucht werden. Die Bausteine in der neuen Autowelt, die Autofahrer vom Besitzer zum Nutzer machen soll, nehmen Gestalt an.

Die optimistischen Ausblicke der beiden deutschen Konzerne und die E-Mobilitätseuphorie sorgen jedenfalls für kräftigen Rückenwind an der Börse. Volkswagen hat die jüngste Kursrally innerhalb von zwei Tagen an die Spitze des deutschen Leitindex Dax katapultiert. Mit einem Börsenwert von rund 135 Milliarden Euro überrundete der Autobauer am Mittwoch den Softwarekonzern SAP (121 Milliarden), dessen Status als wertvollstes Unternehmen in Deutschland seit Jahren unangefochten war.

All das dem Umstand zum Trotz, dass die Lage am europäischen Automarkt grundsätzlich weiterhin wenig Anlass zur Hochstimmung gibt.

Automarkt auf Kriechspur

Nach einem neuen fahrbaren Untersatz steht vielen Europäern der Sinn derzeit eher nicht. Im Februar gingen die Pkw-Neuzulassungen gegenüber dem Vorjahresmonat um fast ein Fünftel auf 771.486 Autos zurück, wie der europäische Herstellerverband ACEA mitteilte. So schwach waren die Zahlen zuletzt im Februar 2013.

Österreich steht mit einem Minus von 5,7 Prozent auf 19.863 Fahrzeuge noch vergleichsweise gut da. In allen größeren Märkten waren die Rückgänge prozentual zweistellig. Besonders düster sah es in Spanien aus mit einem Einbruch um 38 Prozent. In Deutschland und Frankreich fällt die Bilanz mit einem Minus von jeweils 20 Prozent ebenfalls höchst unerfreulich aus. In Italien schrumpfte der Absatz um zwölf Prozent.

Während in China noch nie in den ersten beiden Monaten eines Jahres so hohe Pkw-Zulassungszahlen wie im Jahr 2021 registriert worden sind, spiegelt sich in Europa die trübe Corona-Stimmung deutlich in der miesen Kauflaune wider: In den ersten beiden Monaten liegt das Minus bei 21,7 Prozent.

Weitere Rückgänge befürchtet

Ausgestanden ist die Pandemie noch lange nicht. Das sorgt bei Experten, was die nähere Zukunft betrifft, für wenig Optimismus. Sollte es weitere Lockdowns geben, würden diese erneut zu Absatzeinbußen führen, konstatiert Gerhard Schwartz vom Berater EY: "Selbst wenn wir im März eine vorübergehende Verbesserung der Lage auf dem Neuwagenmarkt sehen, spricht einiges dafür, dass es im April aufgrund neuer Maßnahmen erneut zu deutlichen Rückgängen kommen kann."

Auch wenn auf Entspannung gehofft werden darf, von der Rückkehr zu Vorkrisen-Verkaufszahlen ist Europa Jahre entfernt. Der deutsche Experte Ferdinand Dudenhöffer warnt vor gravierenden Folgen für die Industrie, da immer mehr Pkw-Produktionen nach China wandern dürften: "E-Autos werden eher aus China nach Deutschland exportiert, wie etwa der BMW X3 und bald der neue BMW Mini Elektro, der zusammen mit Great Wall gebaut wird, sowie der zukünftige Elektro-Smart."

Derzeit schwächelt in den großen Märkten auch dieses Segment. Im Februar lag das Wachstum bei 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Österreich verzeichnete bei den reinen Stromern mit 87 Prozent ein überdurchschnittliches Plus. Noch begehrter sind Hybridmodelle – mit plus 210 Prozent zeigte die Wachstumskurve steil nach oben. (Regina Bruckner, 17.3.2021)