In Deutschland haben die Firmen IBM und Urbich die Ausschreibung gewonnen, den digitalen Impfpass zu entwickeln.

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Die Reise- und Bewegungsfreiheit zählt zu den Grundsäulen der Europäischen Union. Durch diverse Maßnahmen der verschiedenen Mitgliedsstaaten zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurde in den vergangenen zwölf Monaten massiv an dieser Säule gesägt. Ein "Digitales Grünes Zertifikat" soll innerhalb der EU nun für den Rest der Pandemie die Reisefreiheit wiederherstellen – rechtzeitig vor den Sommerferien. Österreichs Bundesregierung geht das nicht schnell genug, sie prescht mit einem eigenen "Grünen Pass" vor.

Frage: Worum handelt es sich bei dem Digitalen Grünen Zertifikat (DGZ) der EU?

Antwort: Die EU-Kommission möchte sicherstellen, dass die durch die Corona-Maßnahmen hochgezogenen Grenzen wieder durchlässig werden, ohne Gefahr, dass die Corona-Wellen wieder von einem Land zum anderen überschwappen. Das DGZ soll hier Sicherheit bieten.

Frage: Gilt das DGZ nur für geimpfte Menschen oder auch für Bürger mit überstandener Corona-Infektion oder negativem Testergebnis?

Antwort: Das DGZ soll als Nachweis dienen, dass ein EU-Bürger die Impfung gegen das Coronavirus bereits erhalten hat, eine Infektion mit dem Coronavirus überstanden und deswegen Antikörper hat oder negativ auf das Coronavirus getestet wurde. Ausgestellt werden soll das DGZ auch an in der EU lebende Drittstaatsangehörige und Besucher, die die Berechtigung haben, in andere EU-Mitgliedsstaaten weiterzureisen.

Frage: Welche Impfungen sind für eine Ausstellung eines DGZ geeignet?

Antwort: Grundsätzlich sind alle von der EU zugelassenen Corona-Impfstoffe für eine Eintragung geeignet. Bis dato also jene der Hersteller Astra Zeneca, Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson. Einzelne Mitgliedsstaaten können aber entscheiden, auch andere Impfstoffe wie den russischen Sputnik V oder den chinesischen Sinovac zu akzeptieren. Dies gilt aber jeweils nur im jeweiligen Land und nicht unionsweit.

Frage: Werden die Mitgliedsstaaten nun Grenzkontrollen einführen müssen, um die Zertifikate zu kontrollieren?

Antwort: Das erklärte Ziel der Kommission ist, einen freien Grenzverkehr zu sichern. Die Einführung des DGZ rechtfertige nicht, dass Länder wieder Grenzkontrollen einführen.

Frage: Wird das DGZ für Reisen in der gesamten EU gelten, und wie sieht es mit Reisen in Drittstaaten aus?

Antwort: Das DGZ soll in der ganzen EU Gültigkeit haben, ebenso in der Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein. Ob Drittstaaten das DGZ akzeptieren werden oder nicht, wird sich zeigen und wird sicher in weiterer Folge noch Thema bilateraler Gespräche zwischen Brüssel und den jeweiligen Regierungen sein.

Frage: Wird das DGZ nur für Reisen benötigt oder auch als Eintrittsberechtigung für Kino, Restaurants oder Skilifte?

Antwort: Das von der EU-Kommission vorgeschlagene DGZ soll Reisen innerhalb der EU ermöglichen. Einzelne Mitgliedsstaaten könnten das Dokument auch für andere Zwecke benutzen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte am Mittwoch, das Ziel sei hierzulande, dass getestete, genesene und geimpfte Menschen wieder "vollkommen frei leben können". Genannt wurden etwa Reisetätigkeiten oder Restaurantbesuche, die Kultur, Gastronomie und Sportereignisse, sobald es diese wieder geben werde. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte, dass bestimmte Bereiche weiterhin für alle jederzeit zugänglich sein müssten, etwa Apotheken.

Frage: Verleiht das DGZ geimpften Bürgern Privilegien gegenüber ihren noch nicht geimpften Mitmenschen?

Antwort: Die EU-Kommission betont, dass das DGZ nicht diskriminierend sein soll. Dies sei durch die Eintragungsmöglichkeit von nachgewiesenen Corona-Infektionen und negativen Corona-Tests gegeben.

Frage: Wann soll das DGZ starten?

Antwort: Mit Sommerbeginn soll das System einsatzbereit sein, also muss planmäßig ab 1. Juni das DGZ für die Bürger verfügbar sein. Es handelt sich den Plänen der EU zufolge um ein befristetes Projekt: Wenn die WHO die Corona-Pandemie für beendet erklärt, endet auch das DGZ. Österreichs Regierung wiederum kündigt an, dass man früher starten wolle, wenn auch in abgespeckter Form: Bis Mitte April soll es nur um Tests gehen. In Stufe zwei sollen dann auch Geimpfte und Genesene das mit einem QR-Code nachweisen können. Das soll bis spätestens Juni möglich sein.

Frage: Wo kann man das DGZ bekommen, und wie viel wird es kosten?

Antwort: Die Kommission schlägt vor, dass das Dokument in den einzelnen Mitgliedsstaaten von den jeweiligen Gesundheitseinrichtungen wie Spitälern, Behörden oder Test- und Impfzentren ausgestellt wird. Es soll allen Bürgern kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Frage: Wie soll das Projekt technisch umgesetzt werden?

Antwort: Die Union gibt den Mitgliedsstaaten kaum Vorgaben zur konkreten technischen Umsetzung, sondern stellt nur den Überbau zur Verfügung. Grundsätzlich soll es möglich sein, den jeweiligen Status anhand eines QR-Codes zu verifizieren – und das EU-weit. Die notwendigen Schnittstellen, damit die unterschiedliche Infrastruktur der einzelnen Länder miteinander kommunizieren kann, will die EU finanzieren. Datenschützer wie der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piraten) monierten, dass es keine konkreten Verpflichtungen für einen hohen Datenschutz gibt. So etwa, dass Daten dezentral auf den Geräten von Nutzern – und nicht in behördlichen Systemen – gespeichert werden müssten.

Frage: Welche Daten werden im DGZ notiert?

Antwort: Neben Name, Geburtsdatum des Inhabers, der ausstellenden Behörde und einer Identifikationsnummer werden die Eckdaten des Grundes der Zertifizierung – also Art und Datum der Impfung, einer überstandenen Infektion oder des negativen Tests – vermerkt. Über einen QR-Code können die Daten ausgelesen und verifiziert werden. Ausgestellt werden die Dokumente in den jeweiligen Landessprachen und auf Englisch.

Frage: Sind für das DGZ bestimmte technische Voraussetzungen nötig?

Antwort: Nein, das Dokument soll zwar über eine App auf dem Mobiltelefon abrufbar sein, aber auch auf Papier ausgestellt werden.

Frage: Wie sieht es mit der technischen Umsetzung in Österreich aus?

Antwort: Diese befindet sich trotz des baldig geplanten Einsatzes in einem frühen Stadium. Die Elga GmbH hat die Projektleitung übernommen, wie Anschober am Donnerstag sagte. Schon bis spätestens Mitte April soll es möglich sein, Testungen über das System zu verifizieren. Bis spätestens Juni sollen auch Impfnachweise möglich sein.

Frage: Was ist mit dem Datenschutz für die sensiblen Gesundheitsdaten?

Antwort: Es wird keine zentrale EU-Datenbank für die Zertifikate geben. In Österreich hat die Regierung nach Kritik durch die Opposition und Datenschützer Pläne verworfen, die vorgesehen hätten, dass Gesundheitsdaten in mehreren öffentlichen Systemen gespeichert werden. So hätten Daten aus der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) in das Epidemiologische Melderegister und nochmals in das Bundesrechenzentrum (BRZ) kopiert werden sollen. Die Elga GmbH hatte in einer Stellungnahme vor Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gewarnt. (Muzayen Al-Youssef, Michael Vosatka, Gabriele Scherndl, Vanessa Gaigg, 17.3.2021)