Das Leben ist schwierig genug, da soll man nicht auch noch kleinlich sein. Es kann jedem, jeder passieren: Man will Hundertsechsundachtzig sagen, und es kommt Fünftausend heraus. Zweiter Versuch – "ich wiederhole die Zahl" –, und wieder kommt Fünftausend heraus. Es gibt Sprachfehler, die lassen sich auch nach bester Ausbildung zum Innenminister einfach nicht ausrotten, und schon gar nicht, wenn, wie es sich im türkisen Regierungspatriarchat gehört, die Integrationsministerin den von ganz oben vorgegebenen Zungenschlag mitvollzieht. Mit parlamentarischen Anfragen solche Artikulationsprobleme beheben zu wollen ist logopädisch unsensibel und wird auf Dauer nicht helfen. Man muss zufrieden sein, wenn der Versprecher als Auftragsarbeit erkannt wird.

Innenminister Karl Nehammer hat sich versprochen.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Es gilt, dennoch Ja zum Leben zu sagen, wie das Herbert Kickl als freiheitlichem Hausmeier des Parteiobmanns über die Lippen kommt. Ihm als Innenminister wäre ein Lapsus Nehammer nie passiert, auf ihn und das blaue Flüchtlingsanliegen musste die ÖVP keine Integrationsministerin ansetzen, um es abzuwürgen. Wenn er sich im Nachhinein als Problembär der türkis-blauen Koalition empfindet, wie er vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss Mittwoch gestand, kann es nur daran gelegen sein, dass sein Fell von Strache auf Ibiza längst verkauft war, als er sich noch als polizeilicher Herrenreiter auf dem hohen Ross wähnte. Leider gibt es so wenig Treue im freiheitlichen Lager.

Herbert Kickl empfindet sich als Problembär der türkis-blauen Koalition.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Impfstoffbasar

Auch ohne Ministeramt hält ein Problembär keinen Winterschlaf. Jetzt bindet er kritischen Querdenkern den Bären auf, sie verfügten aufgrund ihres Wesens – weshalb sonst? – ein von keiner türkis-grünen Regierung zerstörbares Immunsystem, solange sie sich um seine Bärenhöhle scharen. Bei so viel Gewissheit auf der Jesuitenwiese stellt sich die Frage, warum er nicht nur als schärfster, sondern bereits früher Kritiker Straches dessen Video-Auftritt noch als Schock empfinden konnte. Er fand die Bilder "einfach erdrückend", Problembären fehlt es offensichtlich an Humor. Oder doch nicht? Von Spenden an die FPÖ hat er nichts gewusst.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober wussten nicht, wie es im Impfstoffbasar zugeht.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Nichts davon gewusst, wie es im Impfstoffbasar zugeht, haben auch die beiden Hauptproblembären in der Regierung. Es ist nicht ihre Schuld, als Kanzler und Gesundheitsminister können sie nichts wissen, wenn ein geheimniskrämerischer Beamter die Impfstoffversorgung Österreichs als Amtsgeheimnis in pectore behandelt. Aber jetzt soll nach einer kleinen Pause die alles zermalmende Maschinerie der Message-Control wieder anlaufen, und der Bundesbär läuft zu nie gekannter Hochform auf.

Nichts und niemand wird ausgelassen. Zuerst wird der Gesundheitsminister teilentmündigt, das war fällig, so wie die Grünen die Türkisen mit der Justiz gequält haben. Dann wird endlich in der EU für Ordnung gesorgt, wie konnte sie auch zulassen, dass Österreichs Regierung nicht genug Impfstoff bestellt! Dass es sich bei dem geschurigelten Beamten um schwarzes Urgestein handelt, soll den Glanz türkiser Regierungskunst heller erstrahlen lassen.

Zur Krönung – Treppenwitz der Impfgeschichte – durfte Kurz im Hause Springer die Laudatio zu Ehren der beiden Gründer von Biontech halten. Ein fachlich besser beschlagener Lobredner hätte sich nicht auftreiben lassen. (Günter Traxler, 19.3.2021)