Tansanias Präsident John Magufuli hoffte einst, Corona durch Gebete zu besiegen. Nun erlag er selbst der Erkrankung.

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Die Karriere eines afrikanischen Big Man, dem eine lange und leidvolle Herrschaft vorausgesagt wurde, ist zu einem überraschenden Ende gekommen. Tansanias Präsident John Magufuli erlag am Mittwoch aller Wahrscheinlichkeit nach den Folgen einer Covid-Infektion – ausgerechnet jener Staatschef, der das ostafrikanische Land immer wieder als von dem "satanischen Erreger" befreit erklärt hatte. Seine und die Gebete der fast 60 Millionen Tansanier hätten das Virus aus dem Land vertrieben, zeigte sich der Verstorbene überzeugt: Bereits seit Mai des vergangenen Jahres waren Neuinfektionenszahlen weder erhoben noch weitergegeben worden.

Selbst als der 61-Jährige seit bereits gut zwei Wochen nicht mehr öffentlich auftrat, leugnete die Regierung seine Erkrankung. Der Präsident sei "gesund" und "arbeitet hart", behauptete Premierminister Kassim Majaliwa am vergangenen Freitag: Anderslautende Gerüchte seien dem "Hass" politischer Feinde zuzuschreiben. Auch Justizminister Mwigulu Nchemba bezeichnete Berichte über die Erkrankung des Staatschefs als "Unfug": Wer sie verbreite, verstoße gegen die Onlinegesetze des Landes. Im Laufe dieser Woche nahm die Polizei mindestens vier Personen unter dem Vorwurf fest, "falsche Informationen" über die sozialen Netzwerken verbreitet zu haben – nach tansanischem Recht stehen darauf bis zu drei Jahre Haft. Als Todesursache des Präsidenten gab die tansanische Regierung offiziell "Herzversagen" an: Allerdings ist es vom Staat bezahlten Ärzten untersagt, eine Covid-Diagnose zu stellen.

Odyssee nach Indien

Nach Angaben des im Brüsseler Exil lebenden Oppositionschefs Tundu Lissu war Magufuli zunächst in ein Hospital der Hauptstadt des Nachbarstaats Kenia eingeliefert und später zur Behandlung nach Indien ausgeflogen worden. Auch die kenianische Presse hatte berichtet, dass Magufuli in einem Krankenhaus in Nairobi mit einem Beatmungsgerät behandelt werde. Dagegen gab die tansanische Regierung jetzt an, der Präsident sei im Sali-Hospital in der tansanischen Hafenstadt Daressalam gestorben.

Vor sechs Jahren hatte Magufuli seine Amtszeit mit mehreren populären Paukenschlägen begonnen. Er sagte das kostspielige Staatsbankett zum Jahrestag der Unabhängigkeit ab und kehrte stattdessen eine Straße in Daressalam. Gleichzeitig sagte "die Dampfwalze", wie er im Volksmund hieß, der Korruption den Kampf an: Er tauchte zu Überraschungsbesuchen in Ministerien auf und feuerte Angestellte, die unentschuldigt ihrem Arbeitsplatz ferngeblieben waren. Seinen Ruf polierte der ehemalige Verkehrsminister noch durch zahlreiche Infrastrukturprojekte auf, die allerdings nicht unumstritten waren: wie der Bau eines riesigen Staudamms im Nationalpark Selous.

Diktatorisches Regieren

Gleichzeitig schränkte der Politiker der Tansania seit mehr als vierzig Jahren regierenden "Partei der Revolution" – der "Chama Cha Mapinduzi" – jedoch die Meinungs- und Pressefreiheit drastisch ein. Während der Regierungszeit des Bulldozers verschwanden oppositionelle Politiker und Journalisten hinter Gittern oder ganz: Oppositionschef Lissu überlebte nur knapp einen Mordanschlag und musste sich mehr als zwanzig Operationen unterziehen. Selbst Mitglieder der Revolutionspartei sahen den für Tansania ungewohnten diktatorischen Regierungsstil des aus kleinbäuerlicher Familie stammenden Magufuli mit Skepsis: "Er war wie ein Forrest Gump", zitiert der britische "Economist" ein nicht namentlich genanntes Kabinettsmitglied.

Die Planierarbeiten Magufulis kamen im vergangenen Oktober zu einem Höhepunkt, als es um seine Wiederwahl ging. Mit massiven Eingriffen in allen Phasen der Abstimmung sicherte sich der CCM-Kandidat 84 Prozent der Stimmen – fast 30 Prozent mehr als bei seiner ersten Wahl. Selbst die damals noch von Donald Trump geführte US-Regierung sprach von "glaubwürdigen Berichten" eines Wahlbetrugs. In Tansanias Geschichtsbücher wird Magufuli allerdings vor allem für seine Leugnung der Corona-Pandemie eingehen: Unabhängigen Schätzungen zufolge ist die Planierraupe für den Tod tausender an Covid erkrankter Tansanierinnen und Tansanier zumindest mitverantwortlich. (Johannes Dieterich, 18.3.2021)