Am Donnerstag hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) die Ergebnisse ihrer erneuten Untersuchung des Astra-Zeneca-Vakzins vorgelegt: Der Impfstoff, der bereits 20 Millionen Mal innerhalb der EU und Großbritanniens verimpft wurde, sei "sicher und effektiv". Einen möglichen Zusammenhang mit sehr seltenen thrombotischen Ereignissen, wie sie in einigen EU-Staaten bei Geimpften aufgetreten sind, könne man aber "nicht definitiv ausschließen".

Nach ihrer Prüfung kommt die EMA zu dem Schluss: Der Impfstoff von Astra Zeneca sei "sicher und effektiv".
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Die EMA wird ihre Untersuchungen dazu fortsetzen. Der Beipackzettel des Vakzins wird zudem mit einer Warnung, dass Hirnvenenthrombosen oder disseminierte intravasale Gerinnungen nach einer Impfung auftreten könnten, versehen.

Impfstoffexpertin Nicolodi: "Kein ungewöhnlicher Vorgang"

Die Gebrauchsinformation eines neuen Arzneimittels sei ein lebendes Dokument, das nicht mit der Zulassung abgeschlossen sei, sagt die Impfstoffexpertin Christina Nicolodi. Es sei keineswegs ungewöhnlich, dass seltene Nebenwirkungen erst im Nachhinein entdeckt und angeführt werden, wie es die EMA nun für den Impfstoff von Astra Zeneca empfohlen hat.

"Zum Ende der Zulassungsstudien hat man erst begrenzte Daten, denn auch wenn es sehr große Studien sind, gibt es Einschränkungen bei den Probanden." Daher brauche es laufend weitere Analysen, um Erfahrungen zur Anwendung in der breiten Bevölkerung zu gewinnen und die Kosten-Nutzen-Bewertung zu aktualisieren.

Virologin von Laer: "Extrem seltene Nebenwirkungen"

Auch für die Virologin Dorothee von Laer kommt es nicht unerwartet, dass die EMA den Impfstoff als sicher einstuft: "Es liegt in der Natur der Sache, dass man bei den Zulassungsstudien mit rund 20.000 Probanden extrem seltene Nebenwirkungen nicht erfasst." Das geschehe durch ein engmaschiges Berichtssystem von Ärzten an die Arzneimittelbehörden in den ersten Jahren nach der Impfung.

Doch die bei den Geimpften aufgetretenen Hirnvenenthrombosen seien in der allgemeinen Bevölkerung extrem selten. Das solle weiter untersucht werden. Aber: "Die meisten Medikamente, die wir einnehmen, können deutlich häufiger schwere Nebenwirkungen verursachen als die zugelassenen Impfstoffe."

Gesundheitsökonom Czypionka: "Gefahr durch Virus ist größer"

Der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka befürchtet einen weiteren Vertrauensverlust der Bevölkerung in Bezug auf den Impfstoff von Astra Zeneca. Die Wahrscheinlichkeit einer Hirnvenenthrombose sei gering, das Risiko, an Covid-19 zu sterben, ist für die allermeisten weitaus höher.

Trotzdem würden Menschen die Gefahr möglicher Nebenwirkungen als höher einschätzen als jene durch das Virus. "Menschen werden dieses Risiko nun noch stärker wahrnehmen, auch wenn diese Ereignisse extrem selten sind und der Zusammenhang mit der Impfung nach wie vor nicht nachgewiesen ist." Im Kampf gegen die Pandemie könne uns diese Vertrauensabnahme enorm zurückwerfen. (Eja Kapeller, David Rennert, 19.3.2021)