Die Gewalt bei Protesten in Myanmar setzt sich fort.

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Naypyidaw – Die neue Junta in Myanmar geht weiter mit brutaler Gewalt und Inhaftierungen gegen politische Gegner, Demonstranten und Journalisten vor. In der Nacht auf Freitag wurde ein weiteres prominentes Mitglied von Aung San Suu Kyis Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) festgenommen. Es handle sich um den Parteisprecher Kyi Toe, der die Medien im Land über die Entwicklungen informiert hatte. Bei Protesten in der Stadt Aungban wurden mindestens acht Menschen getötet.

Beobachtern zufolge wird befürchtet, dass Kyi Toe gefoltert werden könnte. In den vergangenen Wochen waren bereits zwei NLD-Mitglieder kurz nach ihrer Inhaftierung gestorben. Suu Kyi selbst und Präsident Win Myint wurden im Zuge des Putsches Anfang Februar festgesetzt und sollen sich im Hausarrest befinden.

Am Freitag wurde auch bekannt, dass ein Journalist verschleppt wurde, der für den britischen Sender BBC tätig ist. Aung Thura sei am Vormittag in der Hauptstadt Naypyidaw zusammen mit einem Journalisten des myanmarischen Medienunternehmens Mizzima von offenbar zivil gekleideten Männern mitgenommen worden. Die BBC habe bisher keinen Kontakt zu dem Mitarbeiter aufnehmen können, es sei auch unklar, wo er hingebracht worden sei. "Wir fordern die Behörden auf, ihn zu lokalisieren und zu bestätigen, dass er in Sicherheit ist", so die BBC.

Mindestens 224 Menschen getötet

Seit dem Umsturz vor fast sieben Wochen wurden nach Angaben der Gefangenenhilfsorganisation AAPP bereits mehr als 2.200 Menschen festgenommen, darunter Politiker, Aktivisten, einfache Bürger, aber auch viele Journalisten. Mindestens 224 Menschen wurden getötet (Stand 18. März). Kundgebungen, bei denen Demonstranten die Freilassung Suu Kyis und die Wiedereinsetzung ihrer zivilen Regierung fordern, werden regelmäßig mit Waffengewalt beendet.

Die landesweiten Proteste gegen die Generäle gingen unterdessen auch am Freitag weiter, jedoch wegen der zunehmenden Brutalität des Militärs in kleinerem Rahmen. Lokale Medien im Shan-Staat berichteten von massiver Gewalt. Mindestens acht Demonstranten seien in der Stadt Aungban getötet worden, als Einsatzkräfte das Feuer auf eine Gruppe Demonstranten eröffneten, schrieb das Portal "Myanmar Now".

EU-Delegation: "Nicht zu rechtfertigen"

Auch in der größten Stadt Yangon (früher: Rangun) verbreiteten Soldaten und Polizisten weiter Angst und Schrecken, zündeten Schutzbarrikaden der Demonstranten an und zerstörten Fahrzeuge, wie Augenzeugen erzählten. "Wir konnten letzte Nacht nicht schlafen, sie sind durch die Straßen gelaufen und haben die Menschen beschimpft und alles kaputt gemacht, was sie auf der Straße gesehen haben", sagte ein 24 Jahre alter Anrainer im Viertel Thingangyun, dessen Auto von Soldaten zerstört wurde. "Wir sind nirgendwo sicher, sie greifen die Leute einfach an."

Die Delegation der EU in Myanmar verurteilte die Gewalt in einem Statement als "unmoralisch und nicht zu rechtfertigen". "Internet-Blackouts und die Unterdrückung der Medien werden es nicht schaffen, die abscheulichen Taten des Militärs nicht verbergen", hieß es.

Seit dem Militärputsch am 1. Februar befindet sich Myanmar in Aufruhr. Gegen die Proteste zehntausender Menschen geht die Junta brutal vor. In sechs Stadtteilen von Yangon, der ehemaligen Hauptstadt, verhängte die Junta in dieser Woche das Kriegsrecht. Fast zwei Millionen Menschen unterstehen damit praktisch der direkten Kontrolle des Militärs.

Thailand nimmt Flüchtlinge auf

In der an Myanmar angrenzenden thailändischen Provinz Tak bereiteten die Behörden Notunterkünfte für Flüchtlinge vor. "Falls viele Myanmarer wegen einer dringenden Angelegenheit über die Grenze fliehen, haben wir Maßnahmen getroffen, um sie zu empfangen", erklärte der Provinzgouverneur Pongrat Piromat. Seine Provinz sei in der Lage, zwischen 30.000 und 50.000 Menschen aufzunehmen. Etwa 90.000 Flüchtlinge aus Myanmar leben bereits in der durchlässigen Grenzregion.

Der indonesische Präsident Joko Widodo forderte am Freitag ein sofortiges Ende der Gewalt in Myanmar und rief die Regierungen der Region zu einem Gipfeltreffen der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Asean) auf. "Ich werde mit dem Sultan von Brunei als Vorsitzendem der Asean über die Möglichkeit eines Asean-Gipfels sprechen, um die Krise in Myanmar zu erörtern." Anfang März gab es bereits ein Online-Treffen der Außenminister der zehn Asean-Staaten zu der Gewalteskalation in Myanmar. (APA, 19.3.2021)