Anfang März trug die Angestelltengewerkschaft ihre Forderung nach einer Millionärssteuer auf die Straße – genauer gesagt vor das Bundeskanzleramt.

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Kaum ein Thema weist die türkis-grüne Bundesregierung so energisch von sich wie eine Vermögensabgabe. Bei der ÖVP heißt es, die Republik brauche angesichts der derzeit gelockerten Defizitregeln keine neue Einnahmen, die Zinsen seien ohnehin niedrig. Bei den Grünen heißt es sogar, dass eine Debatte über Vermögensabgaben die postpandemische Erholung der Wirtschaft bremsen könnte.

Bei Barbara Teiber sorgt die Position der Regierung für Kopfschütteln. Die Chefin der Angestelltengewerkschaft (GPA) fordert schon lange eine Millionärssteuer, ihre Gewerkschaft hat auch längst ein eigenes Modell einer progressiven Vermögenssteuer mit Freibetrag von einer Million vorgelegt. Dass der Bund gerade während der für den Staat so teuren Corona-Pandemie nicht einmal über den Vorschlag neuer Einnahmequellen reden will, kann sie nicht nachvollziehen – aus mehreren Gründen.

Seit 2018 ist Barbara Teiber Chefin der Angestelltengewerkschaft. DER STANDARD hat die Gewerkschafterin zum Amtsantritt porträtiert – hier geht es zum Artikel.
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Umfragen

Kanzler Kurz hat den Ruf, Umfragen ernst zu nehmen. Allerdings scheint das nur dort zu gelten, wo keine Interessen seiner Sponsoren tangiert werden, mutmaßt Teiber. Denn eine von der GPA beauftragte Umfrage habe bereits vor der Krise ergeben, dass zwei Drittel der Menschen in Österreich eine Vermögensabgabe gut fänden. Als man die Umfrage im Sommer 2020 wiederholte, waren sogar drei von vier Österreichern dafür.

"Wie Vermögen in Österreich verteilt sind, ist unanständig und ungesund", beklagt Teiber gegenüber dem STANDARD. Die Umfragen würden zeigen, dass viele Menschen die Situation ähnlich beurteilen. Es sei höchste Zeit, etwas gegen die immer weiter wachsende Vermögensschere zu tun. Dabei würde das GPA-Modell einer Millionärssteuer niemanden arm machen – es würde bloß einen Beitrag derjenigen einheben, die mehr als genug haben, weist die Gewerkschafterin auf den Steuerfreibetrag von einer Million Euro hin. Wer in einem teuren Haus den Hauptwohnsitz hat, soll die Steuer außerdem stunden können. Die Abgabe würde erst fällig werden, wenn das Haus verkauft wird.

Sparen oder Steuern

Dass Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) jüngst gefordert hat, nach der Krise schnellstmöglich zum Europäischen Stabilitätspakt zurückzukehren, sieht Teiber als Grund zur Besorgnis. Weniger Spielraum für Verschuldung heiße im Umkehrschluss, dass gespart werden muss oder eben neue Staatseinnahmen erschlossen werden müssen. Beim Sozialstaat zu sparen wäre fatal, warnt Teiber: "Und neue Massensteuern für Arbeitnehmer wären unfair."

Damit eine Debatte über eine Vermögensabgabe noch rechtzeitig entsteht, bevor Fragen der Krisenfinanzierung akut werden, will die GPA-Chefin das Thema stärker emotionalisieren. Anfang März gab es eine Kundgebung in Wien. Bereits vor der Krise lancierte die Gewerkschaft eine Kampagne rund um die fiktiven Klischeemillionäre "René" und "Fiona". Aber spätestens wenn es um Finanzierungsfragen geht, wird es einen großen Aufschrei der Arbeitnehmer geben, ist sich Teiber sicher.

GPA-Chefin Teiber ist prinzipiell für eine Vermögensabgabe. Dass eine Millionärssteuer auch bei der Krisenfinanzierung helfen würde, sei ein positiver Nebeneffekt.
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Vertrauen schwindet

Bis es so weit ist, wird es dauern. Auch wenn beim Impfen alles nach Plan läuft, wird die Pandemie Politik und Wirtschaft noch monatelang beschäftigen. Der Regierung bleibe dadurch genügend Zeit, das Vertrauen in den Staat weiter zu untergraben, beklagt die Gewerkschafterin, die bei zahlreichen Menschen schwindendes Vertrauen in staatliche Institutionen beobachtet. Schuld daran sei auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dem Teiber vorwirft, sich bei Kritik gern wegzuducken. (luis, 21.3.2021)