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Zu viel Zucker in den Getränken, zu viel Fett oder Salz im Essen. Zu wenig Fortschritte bei der Emissionssenkung. Falsche Angaben. Auf all diese Punkte achten Investoren immer öfter. Auch große Namen werden dadurch aus Fonds mit Nachhaltigkeitsaspekt ausgeschlossen.

Foto: Reuters / Mike Blake

Das Engagement von Lenzing beim Maskenhersteller Hygiene Austria hat für den Faserhersteller nun erste Konsequenzen. Die Erste Asset Management (EAM), Österreichs größte Kapitalanlagegesellschaft, hat Lenzing aus den ethischen und nachhaltigen Fonds geschmissen. Der Grund dafür ist, dass mittlerweile zugegeben wurde, dass ein Teil der Masken nicht in Österreich hergestellt, sondern von China bezogen wurde. Die Konsumenten wurden diesbezüglich getäuscht. Im Sinne eines ethischen und nachhaltigen Arbeitens geht das freilich gar nicht.

Eine Entscheidung für die Ewigkeit ist das aber nicht, erklärt Dieter Kerschbaum, Sprecher der Erste Asset Management. Wenn klar ist, wie Lenzing mit seinem Anteil an der Hygiene Austria umgeht, und klargelegt wird, wie solche Verfehlungen künftig ausgeschlossen werden, kann Lenzing in die Nachhaltigkeitsfonds auch wieder aufgenommen werden.

Bei der Raiffeisen KAG wird derzeit überlegt, wie mit Lenzing verfahren werden soll. Ein Ausschluss ist derzeit nicht beschlossen.

Dass ein Unternehmen aus einem Fonds fliegt, weil bestimmte Vorgaben nicht eingehalten werden bzw. sie sich nicht mit den strengen Vorgaben für nachhaltige Investments in Einklang bringen lassen, ist mittlerweile keine Seltenheit mehr.

Im September des Vorjahres etwa hat sich die EAM von McDonald’s verabschiedet, weil wiederkehrende Verstöße gegen das Arbeitsrecht bekannt wurden, ein Großteil der Waren (Limonaden) zu viel Zucker oder Fett enthalten und das Unternehmen bei seinem Ziel zur Senkung der Treibhausgasemissionen in Restaurants und Büros zu wenig Fortschritt macht.

Ausgebremst

Ebenfalls nicht mehr dabei sind bei der EAM die deutschen Autobauer VW und Daimler, die vom Dieselskandal ausgebremst wurden. Der Pharmahersteller Johnson & Johnson wurde ausgeschlossen, weil das Unternehmen Opiate vertreibt, die abhängig machen können. Auch in Nestlé wird nicht mehr investiert, weil es hier bei der Kakaoproduktion nachweislich zu Kinderarbeit gekommen ist.

"Eindeutig negativ beurteilt wurden auch große Skandale wie etwa bei BP", erklärt Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung für Nachhaltige Investments in der Raiffeisen KAG. Gemeint ist hier der Deepwater-Horizon-Unfall. Auf der Bohrinsel im Golf von Mexiko brach 2010 ein Brand aus, infolge dessen die Bohrinsel unterging. 87 Tage lang wurde versucht, das Bohrloch zu schließen und die entstandene Ölpest zu stoppen. Es wird geschätzt, dass insgesamt fast 800 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen sind.

Nach diesem bisher größten Ölunfall der Geschichte dauerte es aber lange, bis die Aktie aus den nachhaltigen Fonds verbannt wurde. Auch Investments in Öl und Kohle werden nicht mehr geduldet.

Heute wird zudem auf Verfehlungen oder Fehlverhalten viel rascher reagiert. Auch weil Investoren viel vernetzter arbeiten und ihr Abstimmungsverhalten bei Hauptversammlungen abstimmen. "Investoren beschäftigen sich auch zunehmend mit Kontroversen und potenziell reputationsgefährdenden Ereignissen von Unternehmen", sagt Pinner. Auch die Reaktionszeit Richtung "weiter beobachten", "zunächst keine Zukäufe" oder "Verkauf" habe sich laut Pinner im Vergleich zur Vergangenheit deutlich verringert. Eine Hilfe ist hier auch, dass ESG-Research-Agenturen heutzutage viel schneller Neueinschätzungen parat haben, auf die sich Investoren stützen können. Der Rauswurf aus einem Fonds gilt dabei immer als letzte Konsequenz, davor werden oft mehrere Gespräche mit dem Management geführt.

Neue Regelungen

Strengere Vorschriften gibt es auf beiden Seiten. Wer als Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte glänzen möchte, braucht Gütesiegel, für die bestimmte Kriterien einzuhalten sind. Aber auch Unternehmer spüren den Wechsel in Form von Transparenzvorschriften wie etwa dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG), mit dem große Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden.

Spannend wird auch sein, wie das Lieferkettengesetz die europäische Welt der nachhaltigen Investments verändern wird. Mit dem Gesetz sollen Unternehmen in der EU in die Pflicht genommen werden, um den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt und sowie eine verantwortungsvolle Führung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Ein Unternehmen in Europa kann sich dann nicht mehr auf Sublieferanten ausreden, wenn diese Verstöße wie Kinderarbeit begehen. Eine Berichtsvorlage des Europaparlaments liegt bereits vor. Eine entsprechende Gesetzesvorlage hat die EU-Kommission für das Frühjahr angekündigt. (Bettina Pfluger, 20.3.2021)