Nach mehreren Berichten über seltene Thrombosen nach Impfungen mit dem Astra-Zeneca-Vakzin AZD1222 hat die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) am Donnerstag die Ergebnisse ihrer Prüfungen vorgelegt: Der Impfstoff sei sicher und effektiv. Mögliche Zusammenhänge mit Thrombosen, wie sie in einigen EU-Staaten aufgetreten sind, könne man aber "nicht definitiv ausschließen".

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Ursache für das Auftreten von Thrombosen könnten Antikörper sein, die sich in seltenen Fällen nach der Impfung bilden.
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Blutproben könnten nun aber Aufschluss darüber geben, wie sich Thrombosen nach der Impfung mit AZD1222 entwickeln. In Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Wien, der Medizinischen Universität Graz und dem Paul-Ehrlich-Institut haben Forschende der Unimedizin Greifswald seit vergangenem Freitag die Blutproben von sieben Personen untersucht, bei denen es nach der Impfung zu Thrombosen gekommen war. Eine zentrale Rolle dürften dabei Antikörper spielen, die Betroffene nach der Impfung entwickelt hatten.

Antikörper aktivieren Blutplättchen

Bei ihren Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass sich diese Antikörper an Blutplättchen binden. Das passiert normalerweise nur bei der Wundheilung, wenn das Blut gerinnt und die Wunde verschließt. Durch die Impfung werde bei einigen Patienten dieser Mechanismus aktiviert.

"Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das die Ursache dafür, dass Thrombosen auftreten", sagte Andreas Greinacher, Leiter der Transfusionsmedizin der Unimedizin Greifswald, der die Untersuchung leitete, bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Der dahinterliegende Mechanismus sei seit 30 Jahren bekannt und wurde bisher vor allem im Verlauf von Heparintherapien beobachtet. Heparin ist ein Wirkstoff, der verhindert, dass das Blut im Körper gerinnt. Er wird zur Vorbeugung und Behandlungen von Thrombosen eingesetzt. Bei manchen Menschen kann er als Nebenwirkung eine heparininduzierte Thrombozytopenie auslösen.

Ähnliche Vermutungen haben Forscher aus Norwegen am Donnerstag geäußert: Pål Andre Holme vom Universitätsklinikum Oslo sagte, er vermute, dass die Bildung der Gerinnsel durch eine starke Immunantwort verursacht werden könnte. Die dabei entstehenden Antikörper könnten an die Blutplättchen andocken und diese aktivieren.

Therapieansatz entwickelt

Für Greinacher sind die Ergebnisse der Untersuchung "gute Nachrichten". Sollte es in seltenen Fällen nach der Impfung zu Komplikationen kommen, könnten diese nun behandelt werden.

Laut Aussagen des Mediziners konnte bereits ein Testverfahren entwickelt werden, um im Verdachtsfall den Mechanismus nachweisen zu können. Zudem habe man eine Therapieoption mit einem bereits zugelassenen Medikament gefunden. Vorsorglich könne das Mittel gegen die Thrombosen allerdings nicht verabreicht werden. Eine Behandlung mit dem Wirkstoff sei nur nach der Bildung eines Blutgerinnsels möglich.

Unklar ist, wodurch die Antikörperproduktion ausgelöst wird – durch den Impfstoff selbst, den Vektor, der als Vehikel für die DNA des Virus genutzt wird, oder aber ob sie infolge einer unspezifischen Reaktion des Körpers auftritt. Deshalb wisse man noch nicht, ob auch mRNA-Impfstoffe ähnliche Mechanismen auslösen können.

"Es braucht noch wissenschaftliche Feinarbeit", sagt Greinacher. Die vollständigen Ergebnisse sollen bald als wissenschaftliche Publikation eingereicht werden. (Eja Kapeller, 19.3.2021)