Glock macht ebenso gute wie diskrete Geschäfte.

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Velden – Kaum hatte die Richterin aus Wien ihr Auto vor der Villa am Wörthersee abgestellt, begann auch schon die Verhandlung – keine zehn Minuten später war diese freilich für die interessierte Öffentlichkeit auch schon wieder vorbei. Am Freitag ab 13 Uhr stand im Gerichtsstreit zwischen der Glock Privatstiftung und ihren ehemaligen Vorständen eine Zeugeneinvernahme am Programm: die des Stifters und Waffenproduzenten Gaston Glock, der sie im November 2019 aus dem Vorstand abberufen hatte.

Die Causa ist am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen anhängig. Weil der Zeuge "sehr betagt ist und wegen seines Gesundheitszustands" war die Richterin nach Velden gereist, um ihn an seinem Wohnort zu befragen. Eröffnet hat sie die zunächst öffentliche Verhandlung wegen Anwesenheit der STANDARD-Redakteurin vor der Villa, die Anwälte, die nach einer Fieberkontrolle bereits im Haus waren, wurden wieder herausgeholt.

Glocks Anwälte stellten flugs einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit, nach kurzer Beratung verkündete die Richterin ihren Beschluss: "Volksöffentlichkeit" ausgeschlossen, weil der Schutz des Privatlebens gemäß Menschenrechtskonvention schwerer wiegt. Eine per Video ins Landesgericht nach Wien übertragene Befragung Glocks in Pandemiezeiten schloss sie aus, weil er auch zu einem Gericht hätte fahren oder gebracht werden müssen; Einvernahmen per Zoom lehne sie ab, erklärte die Richterin am Rande der Verhandlung auf Anfrage sinngemäß, weil die gebotene Unmittelbarkeit fehle und man die Umgebung des Befragten nicht im Blick habe. Kaum hatte sie den Beschluss bei Eiseskälte verkündet, zogen sich alle inklusive Glock-Pressesprecherin in die Villa zurück, alle, bis auf den STANDARD.

Viele Gerichte beschäftigt

Der Streit zwischen Ex-Vorstandsmitgliedern von Gaston Glock zuzurechnenden Privatstiftungen und ebendiesen Stiftungen hält die Gerichte seit einiger Zeit auf Trab. Verhandelt wird in der Causa am Handelsgericht Wien, am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen und am Landesgericht Klagenfurt, zudem laufen bei Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen. Die vier Kläger wehren sich gegen ihre Abberufung durch den Waffenproduzenten im November 2019, sie sei unzulässigerweise erfolgt. Das WKStA-Verfahren basiert auf einer Anzeige Glocks. Die vier Ex-Stiftungsvorstände, die sich in Summe fast 20 Millionen Euro an Honoraren im Voraus bis 2025 auszahlen ließen, sind verdächtig, Glock betrogen zu haben. Sie weisen das zurück.

In der Causa vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, bei der Glock am Freitag daheim befragt wurde geht es um die Abberufung der vier Kläger aus der Glock Privatstiftung. Ihr gehört u. a. die Glock GmbH mitsamt ihren internationalen Töchtern, die 2019 mit ihren Waffen laut Firmenbuch fast 500 Millionen Euro umgesetzt und einen Gewinn (EGT) von rund 63 Mio. Euro geschrieben hat.

Rosenkrieg als Auslöser

Wie es zu den Prozessen kam: Die Ex-Frau Glocks hatte im Scheidungskrieg die Abberufung der Gaston Glocks Vertrauen genießenden Stiftungsvorstände betrieben. Er soll ihnen ihr Honorar bis Ende der Funktionsperiode 2022 zugesagt haben, auch für den Fall ihrer gerichtlichen Abberufung. Die folgte im November 2018. Glock bestellte die vier kurz darauf wieder und, quasi zur Sicherheit, drei neue Mitglieder dazu. Laut Klägern wurde die Funktionsperiode dann bis 2025 geändert. Gleich nach ihrer Wiederbestellung ließen sie sich die Altvorstände in Summe 18,72 Millionen Honorar auszahlen.

Laut Glock-Seite haben sie dem Waffenfabrikanten die Verträge zur Unterschrift unterschoben, er berief sie daher ab. Argumentiert wird das im Zivilverfahren u. a. auch damit, die Kläger hätten absichtlich ein mangelhaftes Beschlusswesen installiert und unrichtige Vorstandsprotokolle erstellt. Die Ex-Stiftungsvorstandsmitglieder erklären die Entfremdung anders: Sie beruhe darauf, dass sie bestimmte Ausgaben der Stiftungen hinterfragt hätten. Stifter Glock will dazu nichts sagen, bestätigt aber "diverse Zivilverfahren und die Strafanzeige bei der WKStA".

Millionen per Eiltüberweisung

Was an den Tagen im November 2018 rund um die Millionen-Überweisung geschah, schilderte vorige Woche einer der Kläger am Handelsgericht Wien aus seiner Sicht. Warum sie sich die Honorare "so schnell" und per Eiltüberweisung ausbezahlten?, wollte der Richter wissen. Weil die kontoführende Bank das so angeboten habe. Wie immer seien die Überweisungsbelege "nach Velden" geschickt worden, wo Glocks Ehefrau Kathrin und ihr Bruder für die Bearbeitung der Post zuständig seien.

Der Kläger zeigte sich sicher, dass Kathrin Glock die Kontoauszüge "sehr genau" angeschaut habe, sie und ihr Bruder seien "sehr neugierig" – auf den Überweisungsbeleg mit den "großen Beträgen" hätten sie ihn aber nie angesprochen.

"Lästiger Alltagskram"

Bei der Frage, wie Stifter Gaston Glock eingebunden war, berief sich der Kläger auf die "Bankstatus-Besprechungen", die er seit 2010 immer am Monatsanfang unter vier Augen mit Glock geführt habe. Dabei habe er "Wichtiges" notiert – Notizen über die zweistellige Millionen-Honorarüberweisung finden sich darin aber nicht. Der Kläger: "Alltagskram hat Glock nicht interessiert". Ob man sich bei Glock damals, im November 2018, anlässlich der Honorarzahlung bedankt habe? Diese Frage verneinte der Kläger, das sei nicht erforderlich gewesen. "Der Typ ist Glock nicht." (Renate Graber, 20.3.2021)