In Vorarlberg wird das Schnitzerl seit einer Woche wieder im Gasthaus serviert. Dass die Gastronomie bald österreichweit wieder aufsperren kann, ist allerdings aufgrund des Infektionsgeschehens unwahrscheinlich. Auch wenn Länder und die Wirtschaft darauf drängen.

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Anfang März hatte sich die Regierung mit den Landeshauptleuten trotz steigender Corona-Zahlen auf eine weitere Lockerung der Corona-Beschränkungen verständigt. Die Gastronomie etwa sollte zumindest outdoor mit Ostern öffnen dürfen. Daraus wird aller Voraussicht nach fürs Erste aber nichts. Die dramatisch steigenden Fallzahlen und die hohe Inzidenzrate (230) lassen eine flächendeckende Öffnung nicht zu. Das dürfte mittlerweile auch Konsens in der Regierung sein, wenn auch der türkise Teil, und dort der wirtschaftsbestimmende, noch immer Richtung Öffnung drängt.

Der Montag soll nach dem Gespräch mit den Landeshauptleuten nun Klärung bringen. Wenngleich die Diskussionen schwierig werden dürften. Wien etwa positionierte sich im Vorfeld ganz klar pro Lockerungen. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hält es nach wie vor für machbar, Schanigärten ab Ende März zu öffnen. "Wir können von der Bevölkerung nicht verlangen, monatelang eingesperrt zu bleiben, wir müssen ihr Möglichkeiten bieten, sich unter freiem Himmel zu treffen. Mir ist lieber, sie machen das in einem regulierten Umfeld als in einem nichtregulierten, denn treffen werden sie sich ohnehin", sagte er am Sonntag zur Presse.

"Mitten in der dritten Welle"

Die Grünen stehen aber auf der Bremse. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat sich im Vorfeld der für Montag im Kanzleramt angesetzten Beratungen klar gegen österreichweite Lockerungen ausgesprochen. Man sei dazu nicht in der Lage, am Sonntag wurden über 2.700 neue Corona-Fälle verzeichnet. "Wir müssen ganz massiv in den Regionen, die jetzt hauptbetroffen sind, danach trachten, dass wir diese Zuwächse in den Intensivabteilungen möglichst stabilisieren, um hier keine Überforderung, keine Überlastung zuzulassen", so Anschober, der die Vertreter der Bundesländer überzeugen will. "Österreich ist wie viele europäische Staaten mittlerweile mitten in der dritten Welle", warnte Anschober. Die Infektionszahlen in Österreich steigen zwar nicht so schnell wie im Herbst, aber dennoch stark an. Der Unterschied zum Herbst: "Jetzt ist das Infektionsgeschehen dominiert von der britischen Variante, die ansteckender ist", sagt Anschober.

Die Ausbreitung liege im Burgenland bereits bei 95 Prozent, in Kärnten bei 84 Prozent, in Wien bei 80 Prozent und in Niederösterreich bei 75 Prozent. Im österreichischen Durchschnitt gehen bereits drei Viertel auf das Konto der britischen Virusvariante.

Notbremse ziehen

Anschober plädierte abermals für "maßgeschneiderte" , auf die jeweiligen Regionen abgestimmte Maßnahmen. Das kann sowohl Lockerungen, wie etwa in Vorarlberg, als auch Verschärfungen betreffen. Harte Triagen müssten unbedingt verhindert werden. In einigen Regionen könnte die Situation dramatischer als im Herbst werden, wenn nicht gegengesteuert werde. Man müsse den Mut haben, in einzelnen besonders stark betroffenen Gebieten die Notbremse zu ziehen.

Anschober verweist auf die aktuelle Diskussion in Deutschland, das ebenfalls Zuwächse registriert, aber im Bundesschnitt nicht einmal die Hälfte der Sieben-Tage-Inzidenz Österreichs aufweist. Dennoch werden dort nun vielfach Verschärfungen eingefordert. Diskutiert wird eine Verlängerung aller Beschränkungen zumindest bis April.

Doch zurück nach Österreich: Besonders im Osten seien die Intensivstationen bereits weitgehend ausgelastet, warnt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), Klaus Markstaller. Die dritte Welle stelle sich anders dar als die schwere Pandemiephase im November und Dezember. Das betreffe nicht nur die regionalen Unterschiede. "Die Patienten kommen sehr viel rascher nach Auftreten der ersten Symptome auf die Intensivstation, sie sind schwerer krank, und sie sind auch deutlich jünger", sagt Markstaller. "Die Vorstellung, nur alte und schwer vorerkrankte Menschen seien gefährdet, stimmt jetzt weniger denn je."

Soziale Kontakte reduzieren

Alarm schlägt auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie sprach sich gegen überregionale Lockerungen aus, das wäre "Öl ins Feuer gießen". Regionale Maßnahmen seien "wichtig", sie würden aber nicht ausreichen, um den Anstieg in ganz Österreich einzubremsen. Die sozialen Kontakte müssten reduziert werden, und auch die Rücknahme von bereits umgesetzten Lockerungen sei nicht auszuschließen.

Dass die Schulen offenbleiben, steht derzeit noch außer Frage. Die Virologin Dorothee von Laer schlug allerdings im "Kurier" bereits vor, Präsenzunterricht nur für schwächere Schüler anzubieten.

Lockerungen, nicht Verschärfungen wurden nun eine Woche lang in Vorarlberg gelebt. Die Öffnungsschritte gewinnen zunehmend an Akzeptanz. Zu Beginn war ein Großteil der Gastronomen skeptisch und sperrte die Lokale nicht auf. Mittlerweile kündigen immer mehr Gastwirte an, ihre Betriebe öffnen zu wollen. Vor den Teststationen in Vorarlberg bildeten sich am Wochenende Schlangen: Die Lust, ein Schnitzerl im Stammlokal zu genießen, ist ungebrochen. Auch wenn zuvor ein Test konsumiert werden muss. (Walter Müller, Rosa Winkler-Hermaden, 21.3.2021)