Martin Fleischhacker, Geschäftsführer der "Wiener Zeitung", will den Transformationsprozess umsetzen.

Foto: Luiza Puiu

Wien – Das Justizministerium hat einen neuen Entwurf für die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die sich mit dem "Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht" befasst, erarbeitet – der STANDARD berichtet bereits am Freitag darüber. Damit sei ein "unmittelbarer finanzieller Verlust" für die "Wiener Zeitung" abgewendet, teilte die Tageszeitung in einer Aussendung mit. Dennoch erfordere der geplante Wegfall der Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt in Papierform eine "grundlegende Änderung des Geschäftsmodells".

Die noch heuer umzusetzende EU-Richtlinie verlangt eine zentrale Stelle für die Dokumentation von Unternehmensinformationen. Bisher werden Informationen wie Jahresabschlüsse großer Aktiengesellschaften in Amtsblatt der republikseigenen "Wiener Zeitung" publiziert. Das Firmenbuch wird dagegen von österreichischen Landesgerichten geführt. Fiele die Veröffentlichungspflicht in der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt weg, wäre deren Existenz ohne neue alternative Finanzierungsquellen zumindest in gedruckter Form gefährdet, da sie daraus einen großen Teil ihrer Einnahmen bezieht. Nach STANDARD-Informationen sollen es sieben Millionen Euro von einem Jahresumsatz von insgesamt rund 20 Millionen sein.

Transformationsprozess

Die im Regierungsprogramm vorgesehene Abschaffung der Veröffentlichungspflicht in Papierform dürfte jedoch weiterhin nicht vom Tisch sein. Der geplante Wegfall erfordere jedenfalls Reformen und "eine grundlegende Änderung des Geschäftsmodells", wurde Martin Fleischhacker, Geschäftsführer der "Wiener Zeitung", in der Aussendung zitiert. "Es ist mir wichtig, den Transformationsprozess der 'Wiener Zeitung', so wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist, mit großer Sorgfalt umzusetzen", so Fleischhacker.

Die Zukunft der Tageszeitung in gedruckter Form ist weiterhin in der Schwebe. Auf Nachfrage der APA wollte man sich bei der "Wiener Zeitung" nicht festlegen, ob der Fortbestand als Printtitel gesichert ist. Gemeinsam mit der Bundesregierung wolle man nun die vorliegenden Konzepte diskutieren.

Digitale Veröffentlichungsplattform

Das Unternehmen trieb in den vergangenen zwei Jahren seine Digitalisierung stark voran. Es arbeitet an einer zentralen und digitalen Veröffentlichungsplattform. Auch wurde in der Redaktion ein digitaler Newsroom aufgebaut. Darüber hinaus sind laut der Aussendung neue Geschäftsfelder entstanden – etwa durch die Gründung der Content Agentur Austria, mit der Content-Leistungen an den Bund als auch die Wirtschaft erweitert wurden.

Heinz Fischer als Unterstützer

Chefredakteur Walter Hämmerle sprach sich zuletzt gegenüber der Tageszeitung "Kurier" dafür aus, dass die "Wiener Zeitung" zumindest mittelfristig auch in gedruckter Form bestehen bleiben solle. Das ist auch dem Medienexperten Fritz Hausjell sowie mehreren Organisationen wie dem Presseclub Concordia, dem Klub der Wissenschafts- und Bildungsjournalisten oder auch der JournalistInnengewerkschaft in der GPA ein Anliegen. Auf der Facebook-Seite der "Wiener Zeitung" sind zudem mehrere Statements von prominenten Personen zu finden, welche die Tageszeitung als "unverzichtbar" einstufen – darunter der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer oder auch Sabine Seidler, Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz.

Auf der Plattform mein.aufstehn.at wurde eine Petition namens "Retten Sie die Wiener Zeitung vor dem Aus!" gestartet. Sie richtet sich an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und fordert den Erhalt der Zeitung sowie die Einsetzung einer Arbeitsgruppe aus angesehenen Medienexperten und Medienexpertinnen. Diese sollen ein neues und innovatives Finanzierungsmodell für die "Wiener Zeitung" entwickeln. Montagnachmittag hatten die Petition bereits über 1.800 Personen (Stand: 14 Uhr) unterzeichnet. (APA, red, 22.3.2021)