Chinesische Polizisten hindern internationale Diplomaten daran, in das Gerichtsgebäude in Peking zu gelangen.

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28 Diplomaten aus 26 Ländern versuchten am Montag, das Gerichtsgebäude in Peking zu betreten, in dem der Spionageprozess gegen den Kanadier Michael Kovrig stattfindet. Es gelang ihnen nicht, da chinesische Sicherheitskräfte sie daran hinderten. Die Diplomaten wollten damit wohl auch ihre Solidarität mit Kovrig sowie ihren Protest gegen dessen Haftbedingungen zum Ausdruck bringen.

Kovrig hatte zum Zeitpunkt seiner Verhaftung für die Denkfabrik International Crisis Group in Peking gearbeitet. Zuvor war er als Diplomat für die kanadische Regierung tätig gewesen.

Der Kanadier sitzt seit Dezember 2018 in einem chinesischen Gefängnis und hat so gut wie keinen Kontakt zur Außenwelt. Er wird in Isolationshaft gehalten. Als ihn im vergangenen Herbst kanadische Diplomaten besuchten, soll er erstaunt darüber gewesen sein, dass sich die Welt in einer Pandemie befindet.

Vorwürfe gegen Peking

Kritiker werfen der chinesischen Regierung vor, Geiseldiplomatie zu betreiben. Nur wenige Tage, nachdem in Kanada Ende 2018 die Finanzchefin des Konzerns Huawei, Meng Wanzhou, festgenommen worden war, wurde auch Kovrig verhaftet. "Er wurde willkürlich inhaftiert", sagte Jim Nickel von der kanadischen Botschaft in Peking am Montag.

Beobachter gingen davon aus, dass Kovrig und ein zweiter Kanadier namens Spavor Teil eines Deals mit den USA werden könnten. Vergangene Woche hatten sich die Außenminister der USA und Chinas in Alaska getroffen, um das angeschlagene Verhältnis zu besprechen.

Fußfessel für Meng

Meng wird in den USA vorgeworfen, die Sanktionen gegen den Iran unterlaufen zu haben. Sie ist außerdem Tochter des Huawei-Konzerngründers Ren Zhengfei, dem engste Verbindungen zur chinesischen Armee und politischen Führung nachgesagt werden. Im Unterschied zu Kovrig darf Meng sich allerdings mit einer Fußfessel relativ frei bewegen.

Peking bestreitet jeglichen Zusammenhang. In Datong, an der Grenze zu Nordkorea, befindet sich ein zweiter Kanadier in Haft, Michael Spavor. Über diesen Fall ist noch weniger bekannt. Spavor organisierte Unternehmerreisen nach Nordkorea und wurde zur selben Zeit wie Kovrig verhaftet. Dessen Prozess begann am vergangenen Freitag. Ausländische Beobachter waren auch hier nicht zugelassen, weil es laut der chinesischen Regierung um Staatsgeheimnisse gehe. Die Verurteilungsrate chinesischer Gerichte liegt bei 99 Prozent.

Die Journalistin, der Detektiv

Immer mehr Staaten warnen unterdessen ihre Bürger vor willkürlichen Verhaftungen in China. Für Empörung sorgte auch der Fall der Australierin Cheng Lei. Die Journalistin war Moderatorin beim englischsprachigen Staatssender CTGN, als sie im August dieses Jahres wegen Spionageverdacht festgenommen wurde, und befindet sich seitdem in Haft.

2013 war der britische Detektiv und ehemalige Journalist Peter Humphrey mit seiner Frau inhaftiert worden. Das Ehepaar verbrachte 14 Monate getrennt voneinander in einer Zelle mit jeweils 15 anderen Mitgefangenen. Unter Drogen wurde Humphrey dazu gezwungen, vor dem chinesischen Staatsfernsehen seine Schuld einzugestehen. Als man bei ihm Krebs diagnostizierte, wurde er 2015 schließlich nach Großbritannien überstellt. (Philipp Mattheis aus Shanghai, 22.3.2021)