Homeoffice am Esstisch ist oft nicht ideal. Die Immobilienbranche tüftelt an Lösungen.

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Im vergangenen Jahr haben viele ihre Wohnung von einer neuen Seite kennengelernt. Wer im Home office sitzt, sieht vielleicht die vormals praktische offene Wohnküche mittlerweile kritisch. Zwar stecken wir immer noch inmitten der Pandemie. Doch schon heute ist klar, dass Corona das Wohnen verändern wird. Zumindest tageweise werden viele weiter von zu Hause arbeiten.

Der Wiener Bauträger Winegg baut in Gehweite zum Schlosspark Schönbrunn in der Hohenbergstraße 20 in Wien-Meidling an einem Wohnhaus. Dabei stechen die beiden zweistöckigen Townhäuser inmitten des Projekts ins Auge: Das Erdgeschoß wird jeweils als Büro fläche ausgewiesen, das Obergeschoß als Wohnfläche.

Hat der Bauträger vielleicht im Erdgeschoß keine Wohnwidmung bekommen? Auf Nachfrage bei Winegg heißt es jedenfalls, man habe sich zum Thema Wohnen und Arbeiten ein besonderes Konzept überlegt. Und: "Damit bauen wir nachhaltigen Lebensraum mit flexiblen Wohnlösungen." Eines der in Bau befindlichen Townhäuser ist bereits vergeben, das zweite noch zu haben. Der Preis: 544.000 Euro.

Auch im fertiggestellten Wohn gebäude Viv52 in der Meidlinger Vivenotgasse (Bauträger: JJR Projekt) gibt es die Möglichkeit, daheim professionell zu arbeiten. Das Konzept ist ähnlich: Die Bürofläche im Erdgeschoß kann mit der Wohnung darüber kombiniert werden. Für Kundenverkehr gibt es einen eigenen Eingang. An solchen Konzepten beobachtet Sonja Kaspar, Vorsorgewohnungsexpertin beim für die Vermarktung zuständigen Unternehmen Otto Immobilien, vermehrt Interesse.

Üblicher Rahmen

In anderen Projekten – etwa The Ambassy in Wien-Landstraße oder in einigen Projekten der Buwog – gibt es die Möglichkeit für Bewohnerinnen und Bewohner, einen Büro arbeitsplatz flexibel zu mieten. "So kann man ein virtuelles Meeting ohne Kindergeschrei und mit professionellem Hintergrund abhalten", sagt Sandra Bauernfeind von EHL Immobilien.

Für Mieterinnen und Mieter ist Homeoffice in einer regulären Wohnung kein Problem, sofern es "im üblichen Rahmen" bleibt, betont der Wiener Rechtsanwalt Walter Reichholf. Kundenverkehr geht über diese Nutzung zu Wohnzwecken, wie sie im Mietvertrag oft vereinbart wird, allerdings hinaus.

Für Wohnungskäuferinnen und Wohnungskäufer ist wiederum wichtig zu wissen, dass bei der Widmung zwei Bereiche unterschieden werden, so Reichholf: So gibt es eine öffentlich-rechtliche Widmung, die im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan einsehbar ist.

Neben dieser öffentlich-recht lichen Widmung gibt es auch noch eine wohnungseigentumsrechtliche Widmung: Wird Wohnungseigentum begründet, müssen sich die Beteiligten darauf verständigen, welche Flächen im Haus wie genutzt werden. Hier wird also definiert, wo sich ein Lager, wo ein Geschäfts lokal, ein Büro oder eine Wohnung befinden sollen. Das ist auch für das Nutzwertgutachten relevant, das für die Errichtung des Wohnungseigentums erstellt werden muss.

Gestritten wird im Nachhinein häufig, erzählt Reichholf: etwa dann, wenn in ein früheres Papierwarengeschäft im Erdgeschoß plötzlich eine Bar einziehen soll und dies der wohnungseigentumsrecht lichen Widmung widerspricht.

Schlafzimmer im Büro

Dass wie in der erwähnten Hohenbergstraße ein Teil einer Wohnung als Bürofläche, ein Teil als Wohnfläche ausgewiesen werden, könnte laut Reichholf schon Sinn machen. "Damit sichert man sich ab, dass einem im Nachhinein niemand einen Vorwurf machen kann, wenn man die Wohnung teilweise als Büro nutzt", sagt der Jurist. Denn im schlimmsten Fall könnte einem vom Nachbarn eine Unterlassungsklage drohen.

Wer sich auf der ausgewiesenen Bürofläche wiederum sein Schlafzimmer einrichtet, muss dafür eher keine Probleme mit den Nachbarn befürchten, sagt Reichholf. Mit Zustimmung aller Miteigentümer kann man die Widmung ändern. Notfalls geht das auch ohne Zustimmung beim Außerstreitgericht.

So kann man sein Zuhause auch widmungstechnisch wieder ganz zur Wohnung machen. Sofern man das irgendwann nach Corona will. (Franziska Zoidl, 2.4.2021)