Innsbruck – Am 30. Jänner 2021 rief die Sozialistische Jugend Tirol unter dem Motto "Grenzen töten" zu einer Kundgebung gegen Abschiebungen, die europäische Grenzpolitik sowie für die Aufnahme von Geflüchteten auf. Rund 600 Personen marschierten an diesem Samstag durch Innsbruck. Im Zuge der Demonstration kam es zu einem massiven Polizeieinsatz, bei dem insgesamt 19 Personen festgenommen wurden und im Zuge dessen auch ein Polizist verletzt wurde. Die Polizei sprach 45 Anzeigen wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt aus, 50 weitere wegen Nichteinhaltung des Mindestabstands, sieben wegen fehlenden Mund-Nasen-Schutzes sowie 15 zusätzliche Anzeigen wegen anderer Verwaltungsübertretungen.

Kritik an "geplanter Eskalation" durch Polizei

Am 17. März 2021 haben nun die Demo-Veranstalter ihrerseits Maßnahmenbeschwerde gegen den Polizeieinsatz beim Tiroler Landesverwaltungsgericht eingereicht. Diese richtet sich einerseits gegen die Auflösung der Kundgebung und andererseits gegen den Pfeffersprayeinsatz, zu dem es dabei kam. Wilfried Hanser von der Initiative "Solidarisches Innsbruck" unterstützt die Demo-Organisatoren dabei, gegen den seiner Meinung nach unverhältnismäßigen Polizeieinsatz vorzugehen. Er ist überzeugt, dass die gewaltsame Auflösung der Kundgebung durch die Exekutive keine spontane Reaktion auf Vorfälle im Demo-Zug gewesen ist: "Das war ein geplantes Vorgehen."

Video vom gewaltsamen Einschreiten der Polizei am 30. Jänner 2021 in Innsbruck.

Die Kritik am Polizeieinsatz wurde nun in Videoform gebracht. Zeuginnen und Zeugen, die am 30. Jänner dabei waren, berichten darin von ihren Beobachtungen. Die einzelnen Aussagen, aber auch ein Zusammenschnitt der Videostatements wurden online gestellt.

Staatsanwaltschaft will Video auswerten

Diese Videos beschäftigen nun auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck. Denn dort läuft ein offenes Ermittlungsverfahren zur besagten Demonstration. Einerseits geht es um den Verdacht des versuchten Widerstands und des Widerstands gegen die Staatsgewalt. Andererseits haben die Ermittler auch die Polizei im Visier und eruieren, ob es zu übertriebenen polizeilichen Maßnahmen im Zuge der Demo gekommen sei. Allerdings, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, liegt noch kein abschließender Bericht der Polizei vor.

Beim Landespolizeikommando Tirol wiederum steht man vor einem ganz anderen Problem, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärt. Denn bislang hat sich niemand gemeldet, der Opfer von Polizeigewalt geworden ist. Es seien auch keinerlei Anzeigen gestellt worden.

Die politischen Folgen des 30. Jänner beschäftigen wiederum das Parlament in Wien, und dort den Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). So haben die grüne Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler und die SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim parlamentarische Anfragen zum Einsatz an den Innenminister gestellt. Die Beantwortung wird Anfang April erwartet. (Steffen Arora, 22.3.2021)