Unternehmer Michael Tojner klagt wegen eines Immobilien-Gutachtens, auf das sich das Burgenland beruft.

Foto: Regine Hendrich

Michael Tojner geht in die Offensive. Er, seine Wertinvest und die Gesfö haben eine Raiffeisen-Gesellschaft geklagt, die im Auftrag des Burgenlands jenes Immobiliengutachten erstellt hat, das ins Ermittlungsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Tojner Eingang fand. Das Land hatte ihn ja angezeigt, er habe bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Wohnbaugesellschaften Riedenhof, Gesfö und Pannonia um rund 180 Millionen Euro zu wenig an Abschlagszahlung geleistet. Die WKStA ermittelt gegen 39 Beschuldigte, u.a. wegen Verdachts auf schweren Betrug. Tojner bestreitet die Vorwürfe seit jeher. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck interessiert sich inzwischen auch für Tojners Verteidiger Wolfgang Brandstetter. Sie prüft den Verdacht, ob der heutige Verfassungsgerichtshof-Richter und einstige, von der ÖVP nominierte Justizminister seinem Mandanten Tojner vorweg von einer bevorstehenden Hausdurchsuchung informiert hat; was Brandstetter bestreitet.

Zurück zur Causa Tojner/Wohnbaugesellschaften: Die Immobilienbewertungen sind deswegen so wichtig, weil auf ihrer Basis die Abschlagszahlung (für Förderungen) für das Bundeslands errechnet wird, in dem die Wohnbaugesellschaft ihren Sitz hat. Je geringer der Wert, desto geringer die Abschlagszahlung. Wie berichtet gibt es den Verdacht, dass Tojner durch Deals mit Gesellschaften, die ihm zuzuordnen seien oder nahestehen, die Bewertungen gedrückt habe.

Gutachten soll zurückgezogen werden

In ihrer beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage behaupten die Kläger, die Gutachten seien "mangelhaft". Sie hinterfragen sinngemäß, ob es sein kann, dass der Gutachter an einem Tag im Februar 2019 bei einer Fahrzeit von sechs Stunden elf Liegenschaften in vier Bundesländern besichtigen und bei Tageslicht fotografiert haben könne. Sie bemängeln textliche Formulierungen, orten "nicht nachvollziehbare" und "nicht schlüssige" Methodik.

Was sie wollen: rund 700.000 Euro, Schadensfeststellung und vor allem die Rücknahme der Gutachten. Laut Juristen ist die freilich nur dann zu erreichen, wenn die Gutachten "unvertretbar" sind. Die beklagte Raiffeisen Immobilien Vermittlungs GmbH argumentiert, die Gutachten seien korrekt; im übrigen will man sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.

Tojner hatte nur "wirtschaftliches" Interesse

Erklärungsbedarf hat auch Tojner. Im Ermittlungsverfahren geht es, wie gesagt, um den Vorwurf, der Unternehmer habe die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften mit Unterstützung von Strohmännern und Treuhändern selbst erworben und es von Beginn an auf die Aberkennung der Gemeinnützigkeit abgesehen gehabt – um danach aus dem Verkauf der Sozialwohnungen Profit zu schlagen. Tojner bestreitet das, er argumentiert, heutzutage, er sei nicht "wirtschaftlicher Berechtigter" der eingebundenen Firmen gewesen, habe nur "wirtschaftliches Interesse" an den Transaktionen gehabt.

In einer von ihm unterschriebenen "Erklärung" vom 30. November 2015 liest sich das etwas anders. Darin schrieb er, dass er "der wirtschaftliche Berechtigte der ehemals gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften Riedenhof und Gesfö" sei, "ich bin nicht Gesellschafter, aber wirtschaftlich verfügungsberechtigt". In dieser Position habe er 2013 mit einem Geschäftspartner (ein Ex-Wertinvest-Mitarbeiter; Anm.) eine Transaktion in Wien-Penzing für die Gesfö verhandelt und abgewickelt. Nach dem Scheitern des dort geplanten Wohnbauprojekts habe er dem Geschäftspartner eine Schadenersatzforderung von fünf Mio. Euro gegen die Gesfö empfohlen. Tatsächlich findet sich in der Gesfö-Bilanz des Jahres 2015 eine Rückstellung für eine Klage in der Höhe von drei Mio. Euro.

Absicherung für einen Helfer?

Allerdings glauben die Ermittler, die "Erklärung" Tojners habe nur der Absicherung seines Geschäftspartners gedient, den sie inzwischen auch als Beschuldigten führen. Die Klage sei "zum Schein eingebracht" worden und die Rückstellung "fingiert". Das habe dazu beigetragen, das Land zu täuschen, sodass es eine zu geringe Abschlagszahlung festsetzte.

Und wie sieht es Tojner? Laut seinem Anwalt Karl Liebenwein habe er immer offengelegt, "dass er als Unternehmer ein wirtschaftliches und unternehmerisches Interesse am genossenschaftlichen Bereich hat" und sich entsprechend engagiert habe. Und man weise aufs Schärfste zurück, dass Tojner "durch die Wiedergabe von aus dem Zusammenhang gerissenen Aktenteilen vorverurteilt und in seiner Reputation beschädigt" werde. (Renate Graber, 23.3.2021)