Die Idee klingt bestechend, und sie entspricht der Forderung des Rechnungshofs nach einem einfachen Tarifsystem im öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr. Wie das zum Wahlkampfschlager hochstilisierte 1-2-3-Ticket allerdings umgesetzt wird, das ist irritierend.

Ausgerechnet die Grünen, die jahrzehntelang eine Neuordnung des Nahverkehrs samt Transparenz forderten, packen das Problem nicht an der Wurzel an, sondern verfolgen primitive Klientelpolitik. Nicht das Gesetz für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr (ÖPNRV) wird novelliert. Nein, es wird ein Dumpingpreis auf Kosten der Steuerzahler eingeführt, von dem jene profitieren, die ohnehin mit Öffis zur Arbeit gelangen. Das sei braven Bahn- und Busfahrern vergönnt. Das undurchschaubare Finanzierungssystem, in dem alljährlich Milliarden bewegt werden, wird mit der nationalen Jahreskarte für alle Öffis um 1095 Euro völlig intransparent.

Der Kollateralschaden ist beträchtlich. Den Ländern und Verkehrsverbünden brechen die Einnahmen weg, weil Kundinnen und Kunden logischerweise zum billigeren Bundesticket wechseln werden. Dabei hat der Bund im Nahverkehr nicht einmal die Tarifhoheit. Diese obliegt den Ländern.

Finanzausgleich

Auch deshalb dürften die regionalen Stufen des 1-2-3-Tickets – 365 Euro im eigenen Bundesland und 730 Euro für ein zweites – noch auf sich warten lassen. Denn in Flächenbundesländern wie Niederösterreich, der Steiermark und in Oberösterreich potenziert sich das Problem. Wird der Bund auch diese Kosten großzügig übernehmen, wie beim österreichweiten Klimaticket vorexerziert? Das wird ein Finanzausgleich durch die Hintertür, der sich gewaschen hat.

Dabei ist die geplante massive Ausweitung des Leistungsangebots, die die Bundesländer stemmen müssten, noch gar nicht eingepreist. Man muss kein Umweltökonom sein, um das zu erkennen. Zudem taugt der wie ein Mantra beschworene Erfolg der Wiener Jahresnetzkarte kaum als Vorbild. Denn ausschlaggebend für den Zulauf war nicht das gut ausgebaute U-Bahn- und Straßenbahnnetz um 365 Euro, sondern das gleichzeitig ausgeweitete Parkpickerl. Wer sein Auto nicht gratis an der Straße parken darf, steigt natürlich um auf Öffis.

Um den Rest von Österreich vom Pkw abzubringen, braucht es kein Billigticket, sondern gute Zug- und Busverbindungen – und vor allem eine leistbare letzte Meile. (Luise Ungerboeck, 23.3.2021)