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Dem Beschluss soll eine der schwierigsten Verhandlungsrunden zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den deutschen Länderregierungschefs vorausgegangen sein.

Foto: Michael Kappeler/REUTERS

Berlin – Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen geht Deutschland über Ostern in den schärfsten Lockdown seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr. Von 1. April bis einschließlich 5. April soll das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben so weit wie möglich heruntergefahren werden. Das beschlossen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder in der Nacht auf Dienstag. Der bereits geltende Lockdown wird insgesamt bis zum 18. April verlängert.

Gründonnerstag und Karsamstag werden einmalig als Ruhetage definiert und mit weitgehenden Kontaktbeschränkungen verbunden. "Es gilt damit an fünf zusammenhängenden Tagen das Prinzip #WirBleibenZuHause", heißt es in dem Beschlusspapier. Nur am Karsamstag soll demnach der Lebensmittelhandel im engeren Sinne geöffnet bleiben. Private Zusammenkünfte sollen auf den eigenen Haushalt und einen weiteren Hausstand, jedoch maximal fünf Personen beschränkt werden. Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt. Paare gelten als ein Haushalt.

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Merkel: Virus lässt nicht locker

Ansammlungen im öffentlichen Raum werden dem Beschluss zufolge in dieser Zeit generell untersagt. Wo bereits Außengastronomie offen ist, muss sie für diese fünf Tage wieder geschlossen werden. Kirchen und Religionsgemeinschaft werden gebeten, zu Ostern nur Online-Angebote für die Gläubigen zu machen. Nur Impf- und Testzentren sollen offen bleiben.

"Wir haben das Virus noch nicht besiegen können, es lässt nicht locker", sagte Merkel nach den Beratungen. Deutschland sei in einer sehr ernsten Lage mit exponentiell steigenden Fallzahlen, einer steigenden Belastung der Intensivstationen in den Kliniken und der Ausbreitung ansteckenderer Coronavirus-Varianten.

Schwierigste Verhandlungsrunde

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Beschlüsse als "schwere Geburt", bei der man aber eine "klare Linie" gefunden habe. "Das Team Vorsicht hat sich insgesamt durchgesetzt, bei allen", betont der CSU-Chef. "Wir wissen, dass Corona bleischwer über dem Land liegt." Man habe es jetzt in der Hand, die dritte Welle kürzer werden zu lassen.

Vorausgegangen war dem die schwierigste Verhandlungsrunde zwischen der deutschen Kanzlerin und den Länderregierungschefs seit dem Ausbruch der Pandemie. Mehr als elf Stunden lang wurde verhandelt – wegen eines Streits über sogenannten "kontaktarmen Urlaub" im eigenen Bundesland war die große Runde allerdings stundenlang unterbrochen worden.

"Wettlauf mit dem Impfen"

Angesichts des exponentiellen Wachstums der Infektionen wurde weiters beschlossen, dass die Anfang März vereinbarte Notbremse konsequent umgesetzt werden müsse. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner sollen die Landkreise weitergehende Schritte umsetzen. Als Möglichkeit genannt werden unter anderem Ausgangsbeschränkungen, verschärfte Kontaktbeschränkungen oder die Pflicht zu tagesaktuellen Schnelltests in Bereichen, in denen das Abstandhalten oder konsequente Maskentragen erschwert sind.

"Wir sind in einem Wettlauf mit dem Impfen", so die deutsche Kanzlerin. Und je geringer die Zahl der Neuinfektionen sei, desto schneller könnten Impfungen eine Wirkung auf die Gesamtlage haben. Daher komme es unter anderem auch darauf an, in besonders betroffenen Regionen die von Bund und Ländern vereinbarte "Notbremse" anzuwenden. Ziel bleibe, dass es zu keiner Überlastung des Gesundheitswesens komme.

Mallorca bleibt legal

Der derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, nannte das Vorgehen in einer Reaktion einen "echten Paradigmenwechsel". Denn es werde mehr auf die Test- und Impfstrategie gesetzt und nicht mehr einfach nur Auf- oder Zusperren. Ab Mitte April sei es schließlich möglich, dreieinhalb Millionen Menschen pro Woche zu impfen.

Für deutsche Urlauber im Ausland soll über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine generelle Testpflicht vor dem Rückflug eingeführt werden. Sie soll zur Voraussetzung für die Einreise nach Deutschland gemacht werden. Im Vorfeld der Verhandlungen wurde heftig darüber diskutiert, dass die spanische Urlauberinsel Mallorca nicht mehr als Risikogebiet zählte. Es bleibt weiterhin legal, auf die Insel zu fliegen, da alles andere juristisch zu kompliziert wäre.

Schon jetzt müssen Einreisende, die aus "Hochinzidenzgebieten" mit besonders vielen Infektionen sowie Gebieten mit neuen Virusvarianten kommen, vor dem Abflug einen negativen Test vorweisen.

Umsetzung in Bayern

Nur Stunden nach dem Beschluss auf Bundesebene trat in Bayern das Kabinett zusammen und legte die konkrete Umsetzung im südlichen Bundesland fest. Ministerpräsident Söder sagte in einer Pressekonferenz, dass es definitiv keine Lockerungen vor dem 11. April geben werde – der aktuelle Lockdown wird bis 18. April verlängert.

Bisher geltende Regelungen bleiben in Kraft, ebenso wie die inzidenzabhängigen Bremsen für einzelne Kommunen. Sollte eine Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 verzeichnet werden, schließen Kindergärten und Schulen weitgehend, es dürfen sich nur noch Personen aus einem Haushalt plus einer anderen Person treffen bzw. es kommt zu einer nächtlichen Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr.

Die vom Bund empfohlenen Kontaktbeschränkungen von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten sind in Bayern bereits in Kraft.

Die Einreisebestimmungen nach Bayern werden verschärft, kündigte Söder an. Jede und jeder Einreisende muss einen negativen Corona-Test vorweisen können – nicht nur dann, wenn sie oder er aus einem Risiko- oder Mutationsgebiet kommen. (APA, red, 23.3.2021)