Im Wohngebiet dürfen sich Tauben sicher fühlen.

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Dass für Jäger Homeoffice eher nicht infrage kommt, war wohl schon länger klar. Nun hat auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt, dass der Abschuss von Vögeln aus einem offenen Wohnungsfenster verboten ist. Ein Tiroler hatte im April 2019 von zu Hause aus Jagd auf Tauben gemacht. Als seine Nachbarin die Schüsse hörte und einen toten Vogel fand, alarmierte sie die Polizei.

Die Behörden glaubten der Zeugin und verhängten ein Waffenverbot gegen den Taubenjäger. Das wollte der Mann nicht auf sich sitzen lassen. Er beschwerte sich beim Verwaltungsgericht und zog schließlich auch noch vor den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof. Die Argumente des Schützen waren den Instanzen allerdings nicht treffsicher genug. Sie wiesen seine Beschwerden und Beweisanträge zurück. (VwGH 3.2.2021, Ra 2020/03/0137)

Obduktion abgelehnt

Der Mann bat zunächst um Einvernahme dreier Zeugen, die seine "Zuverlässigkeit" bestätigen sollten. Das sei laut Verwaltungsgericht aber für die Gefährdungsprognose, die für ein Waffenverbot erforderlich ist, nicht notwendig. Außerdem stellte er zum Beweis, dass er für den Tod der Taube gar nicht verantwortlich sei, einen Antrag auf Obduktion des verstorbenen Vogels. Ein tierärztliches und ein ballistisches Sachverständigengutachten sollten Feststellungen zur genauen Todesursache sowie zum genauen Todeszeitpunkt treffen.

Das sei für die Entscheidung allerdings unerheblich gewesen, erklärte das Verwaltungsgericht. Allein die Schussabgabe in Richtung eines Innenhofs, der von mehreren Wohnungen umgeben ist, rechtfertige eine Gefährdungsprognose und das Waffenverbot gegen den Mann. Der Schütze habe nämlich keineswegs ausschließen können, dass es zu einer Gefährdung der Bewohner, aber auch der im Hof befindlichen Tiere komme. Die Schussabgabe sei eine völlig "unverhältnismäßige Reaktion und damit eine ganz besonders missbräuchliche Verwendung der Waffe" gewesen.

Schüsse in Wohngegend immer gefährlich

Der Schütze fühlte sich aufgrund der Ablehnung der Beweisanträge in seinen Verfahrensrechten verletzt und brachte zusätzlich vor, dass "Notwehr oder Notstand, wie er hier anzunehmen ist", einen gesetzeskonformen Waffengebrauch rechtfertige. Worin der Rechtfertigungsgrund fallbezogen genau vorgelegen haben soll, konkretisierte er aber nicht.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und verwies die Sache an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser bestätigte die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol: Mit einer Schussabgabe in der Nähe eines Wohnhauses ist immer die Gefahr verbunden, dass unbeteiligte Personen oder Tiere in das Schussfeld geraten. Auch der Gebrauch von Luftdruckwaffen könne die Verhängung eines Waffenverbots rechtfertigen.

Der Fall des Taubenjägers beschäftigte nicht nur die Verwaltungsbehörden. Nach einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Tierquälerei durch das Landesgericht Innsbruck wurde der Mann von der Instanz rechtskräftig freigesprochen. Das erforderliche Tatbestandsmerkmal der "mutwilligen Tötung" habe nicht zweifelsfrei vorgelegen, erklärte das Oberlandesgericht. (japf, 23.3.2021)