"Der Körper würde die bloße mRNA schnell abbauen. Mit diesen LNPs schützt man sie davor", sagt Gutmann.

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In einem nie dagewesenen Tempo wurden die ersten Covid-Impfstoffe entwickelt. Noch dazu handelte es sich um das erste Mal, dass ein mRNA-Impfstoff zugelassen wurde – eine Kategorie genetischer Impfstoffe, deren Entwicklung glücklicherweise in den vergangenen Jahren weit genug fortgeschritten ist.

Der erste zugelassene Impfstoff läuft in der EU unter dem Handelsnamen Comirnaty und wurde von den Firmen Biontech und Pfizer erstellt. An der Zusammensetzung waren jedoch auch andere biotechnologische Unternehmen beteiligt, etwa Polymun Scientific in Klosterneuburg. Hier kümmerte sich Stephan Gutmann als Projektleiter darum, passende Ummantelungen für die mRNA herzustellen. Diese Hüllen bestehen aus Lipiden, einer chemischen Stoffkategorie, zu der beispielsweise Fette und Fettsäuren zählen.

Die Lipid-Nanopartikel (LNP), die hier für Biontech, aber auch für Curevac entwickelt wurden, haben dabei die Funktion, RNA-Fäden für den Transport einzuschließen und zu schützen. "Der Körper würde die bloße mRNA schnell abbauen. Mit diesen LNPs schützt man sie davor", sagt Gutmann.

Hierfür sorgt die sogenannte Pegylierung: Lipide werden mit dem Polymer PEG mit Strukturen verbunden, die den Nanopartikel gewissermaßen für das Immunsystem maskieren. Dadurch wird er vor der verfrühten Zerstörung durch Enzyme oder Antikörper geschützt. Weitere Bestandteile sind neutrale Lipide, die die Membran formen, während positiv geladene Lipide mit der negativ geladenen mRNA im Inneren in Wechselwirkung treten.

Anwendungsorientierte Forschung

Stephan Gutmann (27), der in Korneuburg aufgewachsen ist, arbeitete zunächst als Techniker bei Polymun und absolvierte berufsbegleitend an der Fachhochschule Campus Wien sein Bachelor- und Masterstudium in Bioengineering bzw. Bioverfahrenstechnik. Seine Masterarbeit schrieb er in Kooperation mit seinem Arbeitgeber über die Optimierung der Liposom-Herstellung. Liposomen sind ähnlich wie Lipid-Nanopartikel bläschenartige Gebilde, die Stoffe in ihrem Inneren einschließen können.

Für seine Dissertation an der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) widmet sich Stephan Gutmann seit kurzem einem ganz anderen Schwerpunkt, bleibt allerdings der anwendungsorientierten Forschung treu: An einem Labor der Christian-Doppler-(CD-)Forschungsgesellschaft arbeitet er daran, E.-coli-Bakterienzellen weiterzuentwickeln.

Rund ein Drittel der biopharmazeutischen Medikamente werden durch E. coli produziert. Die Zellen müssen freilich so konfiguriert werden, dass sie die gewünschten Substanzen – von Antikörpern bis Antibiotika – als Stoffwechselprodukte herstellen.

Weil dies nicht immer ideal funktioniert, wollen die Forschenden am CD-Lab Wege finden, die bisherigen Strategien zu verbessern. Das soll einerseits durch die gentechnische Veränderung der Bakterien geschehen, andererseits durch das Anpassen der Produktionsparameter in den Bioreaktoren und der Aufreinigung der Wirkstoffe. "Die Herangehensweisen sind ganz verschieden, haben aber alle dasselbe Ziel und sind sehr vielversprechend", sagt Gutmann. (Julia Sica, 27.3.2021)