Der ÖBB-Personenverkehr ist das zentrale Vehikel des 1-2-3-Klimatickets.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Wer hofft, das in Klimaticket umbenannte österreichweite 1-2-3-Ticket an Fahrkartenautomaten von ÖBB oder Verkehrsverbünden kaufen zu können, wird enttäuscht. Das wäre sehr aufwändig, teuer und am Automaten gebe es außerdem keine Beratung, beschied das Verkehrsministerium am Dienstag. Es werde ein Webshop eingerichtet, in dem die Plastikkarte geordert wird, die von allen Klimaticket-Partnern – von Wiener Linien bis Verkehrsverbund Vorarlberg – anerkannt wird. Die Tarifpartner verkaufen das Klimaticket außerdem in ihren Verkaufsstellen. Am Dienstagabend wurde der Initiativantrag mit Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos im Verkehrsausschuss angenommen. Bereits am Donnerstag kann der Antrag auch im Nationalratsplenum debattiert werden.

Kommunale Verkehrsbetriebe

Das unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den Nationalrat gebrachte Gesetz zur Realisierung des in Klimaticket umbenannten 1-2-3-Ticket provoziert unterdessen eine Fülle an negativen Reaktionen. Der Städtebund beispielsweise sieht die kommunalen Verkehrsbetriebe links liegen gelassen. Mit Ausnahme der Stadt Innsbruck bekämen Gemeinden von ihren Bundesländern lediglich geringe Zuzahlungen zur öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, trügen aber enorme Kosten, die mit der Anerkennung des österreichweiten Klimatickets nun erodieren würden.

Die Kommunen verlangen deshalb die Einbindung in die vom Verkehrsministerium geführten Gespräche – samt finanziellem Ausgleich, wie er den Ländern teils zugesichert wurde. Der Bund ziehe eine Zentralisierung im Öffentlichen Verkehr vor, kritisiert Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger in seiner Stellungnahme.

Kontrolle durch den Bund

Sauer stößt Kommunen wie Bundesländern auf, dass sich der Bund die Kontrolle über die für den Vertrieb des nationalen Klimatickets zuständige One Mobility GmbH sichert. Gemeinsam mit vom Verkehrsministerium kontrollierten Gesellschaften wie ÖBB, Graz Köflach Bahn etc komme der Bund locker auf die Mehrheit und könne so das Monopolvehikel steuern. Sachlich nicht begründbar und wettbewerbsrechtlich zweifelhaft sei, dass Privatbahnen wie die Westbahn als Miteigentümer ausgeschlossen wären von der Buchungsplattform, kritisiert etwa die Verkehrsholding Oberösterreich.

Föderale Tarifkompetenz

Hintergrund ist die einigermaßen komplizierte Öffi-Finanzierung in Österreich. Gemäß dem Öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrsgesetz (ÖPNRVG) obliegt nämlich den Ländern (über die Verkehrsverbünde), den Verkehrsunternehmen und den Städten (über ihre Verkehrsbetriebe) die Tarifkompetenz, Der Bund darf die Fahrkartenpreise weder bestimmen noch kassieren – außer bei der ÖBB Personenverkehr AG und deren Tochter Postbus, die vom Verkehrsministerium kontrolliert wird.

Gemäß Kraftfahrlinien- und Eisenbahngesetz obliege der Fahrkartenvertrieb gewerblichen Personenverkehrsbeförderern und eben nicht Gebietskörperschaften oder dem Bund.

Das Verkehrsministerium veweist auf die Vorteile für Kundinnen und Kunden: Alle Produkte der One-Mobility-Partner seien in einem Kundenkonto gebündelt und unter einer App. Das habe auch Vorteile für die Partner, weil Vertrieb und Kundenservice gemeinsam abgewickelt würden – auf gemeinsamen Geschäftsprozessen basierend. Das spare auch noch Steuergeld.

Geld für Einnahmenausfall

Was die Öffi-Anbieter noch umtreibt: Die langfristige Sicherstellung der Finanzierung – insbesondere für Stufe 1 und Stufe 2 (ein Bundesland, zwei Bundesländer). Derzeit sei lediglich der Ersatz des Erlösentgangs für die bundesweite Netzkarte im ersten vollen Jahr ab Start seien dafür 150 Millionen Euro reserviert, beruhigt das Verkehrsministerium. Aber wie es danach weitergehe, stehe in den Sternen, monieren die Länder. (Luise Ungerboeck, 23.3.2021)