Die Stühle und Tische für die Schanigärten müssen in der Ostregion weiter verräumt bleiben.

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Distance Learning eine Woche nach den Osterferien im Osten, eine sogenannte "Osterruhe" beginnend mit dem Gründonnerstag bis inklusive Dienstag, den 6. April, sowie ein Reintesten in den Handel ab dem 7. April: Auf diese Maßnahmen haben sich schlussendlich die Landeshauptleute von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland beim Ostgipfel mit dem Gesundheitsministerium geeinigt. Minister Rudolf Anschober (Grüne) betonte bei der Präsentation der neuen Maßnahmen, derzeit sei "nicht die Zeit der Öffnungen", vielmehr habe man in den betroffenen Gebieten einen "Wellenbrecher" installieren müssen.

Was die sechstägige Osterruhe für die Bundesländer für die Ostregion bedeutet:

  • Handel und Dienstleister geschlossen Von 1. bis 6. April müssen der Handel und die körpernahen Dienstleister zusperren. Geöffnet bleiben – wie das aus früheren Lockdowns bereits bekannt ist – Geschäfte, die Güter des täglichen Gebrauchs anbieten, beispielsweise Lebensmittelhändler oder Apotheken.
  • Ausgangsbeschränkungen Aktuell gilt: Ab 20 Uhr ist Schluss. Im Osten werden während der Osterruhe die Ausgangsbeschränkungen nun wieder auf den ganzen Tag ausgedehnt. Das bedeutet: Die eigenen vier Wände sollen nur dann verlassen werden, wenn es wirklich notwendig ist. Als Ausnahmen zählen etwa die Deckung der eigenen Grundbedürfnisse oder Hilfeleistungen.
  • FFP2-Masken Die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske, wie sie bereits in Öffis, beim Einkauf oder in Amtsgebäuden gilt, soll auf alle Innenräume ausgedehnt werden, wenn sich mehr als eine Person in diesen befindet. An hochfrequentierten Orten soll es zudem draußen eine Pflicht zum FFP2-Schutz geben.
  • Betriebstestungen oder Homeoffice In der Arbeitswelt soll es in besagtem Zeitraum zwei Möglichkeiten geben: zweimal in der Woche Testungen der Belegschaft oder Homeoffice.
  • Strengere Grenzkontrollen Wegen der ebenfalls hohen Fallzahlen der Nachbarstaaten soll es an den Grenzen eine Verschärfung geben. Statt einem sollen künftig zwei negative Tests pro Woche zum Einpendeln notwendig sein. Besonders Niederösterreich pochte in diesem Zusammenhang auf strengere Regeln.
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Abseits der Osterruhe wurden zusätzliche, über den Zeitraum von sechs Tagen hinausgehende Maßnahmen gesetzt.

  • Schule auf Distanz Weil derzeit immer mehr Ansteckungen bei den Jüngeren zu verzeichnen sind, werden in der Ostregion die Schülerinnen und Schüler nach den Ferien nicht an die Schule zurückkehren. In der Woche nach Ostern begeben sich die Kinder und Jugendlichen in der Distanzlehre. Am 11. April startet die Schule wieder mit Präsenz. Dann wird dort statt mit Nasenbohrtests regelmäßig per PCR-Tests auf Infektionen gescreent.
  • Eintrittstests im Handel Wenn die Shops erneut aufsperren dürfen, wird es auch im Handel Zutrittstests geben, analog jenen, die es bereits bei körpernahen Dienstleistern wie dem Friseur gibt.

Im Wiener Rathaus behielt man sich jedoch eines vor: Wenn sich in den Zahlen widerspiegeln sollte, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, werde es zusätzliche Maßnahmen geben, sagte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Und: "Ich schließe in der jetzigen Situation gar nichts aus."

Bis man sich zu den Maßnahmen durchgerungen hatte, dauerte es jedoch – und zwar um einiges länger als gedacht. Denn die Auffassungen darüber, welche neuen, harten Regelungen nun angebracht seien, divergierten in den vergangenen Tagen stark.

Da stand auf der einen Seite Anschober. Er plädierte bereits beim montäglichen Bund-Länder-Treffen für strikte Restriktionen im Osten, um einen Kollaps des Spitalswesens verhindern zu können. "Wir müssen für alle garantieren, dass es keine Triage-Situationen an den Intensivstationen gibt", sagte Anschober am Mittwochabend.

Im Team des Gesundheitsministers fand sich mit Ludwig ein wichtiger Player für harte Regeln. Der Bürgermeister soll ordentlich Druck gemacht haben. Er war es auch, der als Erster die "Osterruhe" ins Spiel gebracht und auf harte Einschnitte gedrängt haben soll.

Hohe Auslastung der Intensivstationen

Dass Ludwig in dieser Frage so vorprescht, hat einen Grund: In Wien lag am Mittwoch die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, bei 312. Das ist der höchste Wert in ganz Österreich. Mit 797 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden führt Wien auch eine zweite Statistik an. Die Auslastung der Intensivstationen bereitet in der Hauptstadt zusätzliche Sorgen. Hier mussten nie zuvor so viele Personen wegen einer Covid-Erkrankung intensivmedizinisch versorgt werden: Am Mittwoch waren 176 Betten von Corona-Patientinnen und -Patienten belegt – das sind acht mehr als am Dienstag. Auch die Zukunft sieht derzeit nicht besonders rosig aus: Laut dem Papier des Covid-Prognose-Konsortiums dürfte im März die Schwelle von 200 belegten Intensivstationsbetten übersprungen werden. Am 7. April sollen es 259 sein.

In der anderen Ecke soll Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gestanden haben. Ihr Partner: Parteikollege und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), heißt es aus Verhandlerkreisen. Mikl-Leitner ging in das Treffen mit einer klaren Ansage: Im Bereich des Handels brauche es keine weiteren Verschärfungen. Dort gelte schließlich bereits eine umfassende Pflicht, FFP2-Masken zu tragen, weitere Einschränkungen würden die Bevölkerung nur weiter in die Arme von Onlinekonzernen treiben. In Niederösterreich, das eine Sieben-Tage-Inzidenz von 278,5 aufweist, befinden sich aktuell 91 Personen mit einer Corona-Infektion auf einer Intensivstation.

Erste "Notbremse"

Expertinnen und Experten reagierten kritisch, viele von ihnen hatten sich selbst einen Lockdown gewünscht. Was "bestimmt keine Auswirkungen haben wird", sei die Schließung des Handels für "ein paar wenige Tage", sagte etwa die Hygienikerin Miranda Suchomel zum STANDARD. Der Virologin Dorothee von Laer geht es darum, die Zeit bis Ende Mai zu überbrücken, "um den Anstieg, den wir momentan nicht schaffen, wegzubekommen, um irgendwie durchzukommen, ohne dass die Situation an den Intensivstationen aus dem Ruder läuft". Ein Paket aus FFP2-Maske, Betriebstests und geschlossenem Handel sei zumindest "die vorsichtigste Notbremse, die man vornehmen kann".

Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Uni Wien erklärte, dass die Reduktion der infektiösen Kontakte wesentlich sei. Wenn es schöner werde, würden sich außerdem Jugendliche vermehrt treffen, und das Virus zirkuliere derzeit besonders auch in diesen Altersgruppen. "Die kommenden Maßnahmen sollten kommunikationstechnisch also auf jeden Fall auch bei dieser Gruppe ankommen", gibt er zu bedenken. (Oona Kroisleitner, Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, 24.3.2021)