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Die Atomprogramm-Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA kommen seit zwei Jahren nicht mehr voran.

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Seoul – Wenige Tage nach dem Test zweier Marschflugkörper am Wochenende hat Nordkorea am Donnerstag die Schlagzahl etwas erhöht. Erstmals seit Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden hat der kommunistische Staat wieder zwei ballistische Raketen abgefeuert. Sie flogen Donnerstagfrüh im Abstand von knapp 20 Minuten im Kreis Hamju im Osten Nordkoreas 450 Kilometer weit in Richtung offenes Meer. Das teilte der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte mit. Die Raketen hätten eine Höhe von 60 Kilometern erreicht. Die Streitkräfte beobachteten sorgfältig die Lage, für den Fall weiterer Raketentests.

Uno-Resolutionen verbieten dem Land die Erprobung solcher Raketen, die je nach Bauart auch einen Atomsprengkopf befördern können. Die USA unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatten derartige Tests allerdings dennoch, meist stillschweigend, akzeptiert. Eine Vereinbarung zwischen Trump und Kim Jong-un, die die beiden bei ihrem Treffen in Singapur geschlossen hatten, besagt, dass Nordkorea sich nur Tests von Langstreckenraketen und Atombomben versagt. Im Gegenzug würden die USA ihre Militärübungen mit Südkorea weitgehend beenden. Allerdings hat Nordkorea seit der Vereinbarung sein Rakten- und Atomprogramm weiter deutlich ausgebaut. Es wird daher davon ausgegangen, dass das Land mittlerweile fähig ist, zumindest Teile der US-Westküste mit einer Atombombe zu erreichen.

Neue US-Politik in Vorbereitung

Die jüngsten Raketentests der selbsterklärten Atommacht Nordkorea gelten daher als eine Herausforderung für den neuen US-Präsidenten Joe Biden. Nach Einschätzung von Beobachtern versucht Pjöngjang, den Druck auf die USA zu erhöhen. Die US-Regierung bereitet derzeit eine neue Nordkorea-Politik vor. Die entsprechende Überprüfung ist nach Angaben von Regierungsbeamten fast abgeschlossen.

US-Außenminister Antony Blinken hatte bei einem Besuch in Seoul vergangene Woche betont, es lägen verschiedene Optionen auf dem Tisch. Dies schließe diplomatische Anreize ein, aber auch Maßnahmen, um mehr Druck auf Pjöngjang auszuüben. Betont hatte Washington zuletzt, dass man den Schutz der Verbündeten in der Region wieder ernster nehmen werde als unter Trump – was Nordkorea als Provokation versteht.

Seoul besorgt, Tokio protestiert

Das Ständige Komitee des Nationalen Sicherheitsrat in Südkorea äußerte nach einer Dringlichkeitssitzung "tiefe Besorgnis" über den jüngsten Test des Nachbarlands. In Tokio kündigte Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga einen "ernsten Protest" gegen Nordkoreas Verhalten an. "Der Start bedroht den Frieden und die Stabilität unseres Landes und der Region, das war eine klarer Verstoß gegen Resolution den Uno-Sicherheitsrats", sagte Suga vor Journalisten. Der japanischen Regierung zufolge feuerte Nordkorea zwei ballistische Raketen an seiner Ostküste ab. Sie seien außerhalb der japanischen Hoheitszone ins Japanische Meer gestürzt. Abgefeuert worden waren sie zeitgleich mit dem Beginn der olympischen Fakelzeremonie.

Nordkorea hatte Südkorea zufolge am vergangenen Sonntag zwei mutmaßliche Marschflugkörper von kurzer Reichweite an der Westküste abgefeuert. Auch die USA bestätigten den Test. Damals relativierte Biden aber noch dessen Bedeutung, da es sich eben nicht um ballistische Raketen gehandelt hatte. Tests von Lenkflugkörpern unterliegen nicht den Sanktionen gegen das abgeschottete Land. Anders als ballistische Raketen verfügen Marschflugkörper über einen permanenten eigenen Antrieb. Bei einer niedrigen Flughöhe von unter hundert Metern sind sie vom gegnerischen Radar nur schwer zu orten.

Dass Nordkorea in den ersten Amtswochen neuer US-Präsidenten Raketentests durch- oder andere Eskalationen herbeiführt, um deren Reaktionen abzutesten, gilt nicht als ungewöhnlich. Im Gegenteil hatte bisher eher überrascht, dass Pjöngjang sich bei Biden zurückgehalten hatte. Das mag auch an der inneren Situation des Landes liegen. Nordkorea ist seit einem Jahr noch einmal stärker isoliert als schon bisher, um ein Eindringen des Coronavirus zu verhindern. Nach Angaben der Regierung in Pjöngjang hat es bisher keine Fälle von Covid-19 im Land gegeben, im Ausland wird dies aber bezweifelt. Die Wirtschaft hat unter den Maßnahmen stark gelitten, auch der Handel mit China ging massiv zurück. (APA, red, 25.3.2021)