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Rauch über einem Kohlekraftwerk – der menschliche CO2-Ausstoß bleibst selbst in Corona-Zeiten ungebremst.
Foto: AP/Sam McNeil

Vor etwas weniger als einem Jahr noch erweckten die Effekte der ersten Lockdowns rund um den Erdball gewisse Hoffnungen. Vielleicht könnte die globale Krise zumindest dem Klimawandel eine Verschnaufpause verschaffen: Eine Studie vom vergangenen Mai stellte immerhin während des Höhepunktes im Frühjahr 2020 einen um durchschnittlich 17 Prozent niedrigeren globalen CO2-Ausstoß pro Tag fest. Letztlich erwies sich der Einbruch aber nur von enttäuschend kurzer Dauer – schon Anfang Juni lagen die täglichen CO2-Emissionen nur allenfalls fünf Prozent unter denen von 2019.

Corona ohne Wirkung auf das Klima

Auf lange Sicht hat die Corona-Krise also offenbar keine klimarelevanten Auswirkungen. Der kleine Knick in der Treibhausgasbilanz ändere praktisch nichts am Verlauf, schilderte Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO), schon im vergangenen November die Ergebnisse einer weiteren Studie. So wirtschaftlich einschneidend das Jahr 2020 für die Menschheit auch war, alles in allem lag der Rückgang bei den CO2-Emissionen im Jahresschnitt immer noch innerhalb der gewohnten Schwankungsbreite.

Wenn es bis jetzt noch Hoffnungen auf einen Effekt der Corona-Maßnahmen gab, dann dürften die aktuellen Zahlen diese wohl ausräumen: Wie aus Daten des kalifornischen Forschungszentrums Scripps Institution of Oceanography hervorgeht, ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre trotz der Corona-Pandemie weiter deutlich gestiegen. Die sogenannte Keeling-Kurve erreichte demnach heuer im März ein neues Rekordniveau. Das Meeresforschungszentrum in San Diego, das seit 1958 auf Hawaii die CO2-Konzentration in der Luft erfasst, misst aktuell einen Wert von über 418 ppm (parts per million). Das ist allen bisher erfassten Daten zufolge der höchste Stand seit mehreren Millionen von Jahren.

Video: Entwicklung der atmosphärischen CO2-Konzentration.
CIRESvideos

Dass dieser Rekord (trotz der Corona-Folgen) jetzt schon eingestellt wurde, bereitet den Klimawissenschaftern im Kontext der vergangenen Jahre besonders große Sorgen: Während 2020 die CO2-Konzentration im März bei 415 lag und bis Mai 2020 auf ihren damaligen Spitzenwert stieg, war dieser bereits im März dieses Jahres überschritten worden – bis Mai könnten die CO2-Konzentrationen demnach sogar noch bis auf 420 ppm klettern.

Bedenkliche Kurve nach oben

Die Keeling-Kurve gilt als einer der wichtigsten Umweltdatensätze des 20. Jahrhunderts. Die Messreihe unterliegt aufgrund des Vegetationszyklus einer saisonalen Schwankung und erreicht im Mai die jährlichen Höchstwerte – und sie belegt im Vergleich zu CO2-Daten über die vergangenen Jahrtausende eine bedenkliche Entwicklung.

Diese hauptsächlich aus Eisbohrkernen stammenden CO2-Informationen zeigen, dass während der letzten 800.000 Jahre die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Erdatmosphäre nie einen Wert von 300 ppm überschritten hat. Noch bis 1750 lag der CO2-Anteil in der Erdatmosphäre zwischen 275 und 285 ppm. Anfang der 1950er Jahre registrierte man bereits 310 ppm, im Frühjahr 2013 wurde an der Messstation am Mauna Loa erstmals die 400 ppm-Grenze überschritten. Der bisherige Höchststand war im Mai 2020 registriert worden und lag bei 417,2 ppm Kohlendioxid.

Grafik: Die CO2-Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten.
Grafik: Scripps Institution of Oceanography

Die Geschwindigkeit ist das Problem

Aber es sind nicht die hohen Kohlendoxid-Werte an sich, die der Natur und der Menschheit gleichermaßen Probleme bereiten. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der die CO2-Konzentration zunimmt, erschüttert die globalen ökologischen Systeme. Wie bisherige Statistiken nachzeichnen konnten, stieg die CO2-Konzentration zwischen 1750 und 1970 um 50 ppm. Nur 30 Jahre später war der CO2-Wert um weitere 50 ppm gestiegen. In den 2000er-Jahren kamen jährlich zwei ppm dazu, in den 2010er-Jahren betrug der Anstieg pro Jahr bereits bei 2,4 ppm. 2018 wuchs der CO2-Anteil in der Atmosphäre um 2,87 ppm.

Rein rechnerisch bedeuten 410 ppm, dass sich etwa 3.210 Gigatonnen CO2 in der Atmosphäre befinden. Um den globalen Temperaturanstieg bei 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dürfen weltweit nur noch ungefähr 284 Gigatonnen CO2 ausgestoßen werden. Dies ist bei einem Kohlendioxid-Ausstoß von aktuell rund 1.331 Tonnen pro Sekunde in ungefähr sechs Jahren und neun Monaten, also Ende 2027 der Fall, wie die CO2-Uhr des Berliner Klimaforschungsinstitut MCC zeigt. (tberg, red, 25.3.2021)