Joseph Biden hatte im Wahlkampf angekündigt, zum Nuklearabkommen mit dem Iran (JCPOA) zurückzukehren, nachdem es Donald Trump mutwillig verlassen hatte. Dessen darauffolgende Politik des "maximalen Drucks" mit immer schärferen Sanktionen führte dazu, dass der Iran begann, schrittweise selbst die Grenzen des Nuklearabkommens zu überschreiten, worauf ihm paradoxerweise gerade von der Trump-Regierung der Vorwurf gemacht wurde, das Abkommen zu verletzen. Sein Außenminister Mike Pompeo stellte dem Iran zwölf Bedingungen, die einer Forderung nach Kapitulation gleichkamen. Vor allem müsste das Nuklearabkommen das Verhalten des Iran in der Region berücksichtigen und sein Raketenprogramm einbeziehen.

Trump und sein Außenminister wurden abgewählt, aber diese Einwände haben überlebt. Sie werden von den Gegnern des JCPOA immer wieder wiederholt. Diese Themen können natürlich angesprochen werden, sie an das JCPOA zu binden würde aber das Ende des Abkommens bedeuten.

Nicht auf den Iran beschränken

Es gibt kein Rüstungskontrollabkommen in der Geschichte, welches "Verhalten" beinhaltet. Es hätte während des Kalten Krieges kein derartiges Abkommen zwischen der Sowjetunion und den USA gegeben. Ganz im Gegenteil, Rüstungskontrolle wurde als Spannungsreduktion im Ost-West-Konflikt gesehen. Destabilisierendes Verhalten gibt es außerdem auch von den meisten anderen Akteuren im Persischen Golf.

Raketen und Trägersysteme sind natürlich in Rüstungskontrollabkommen berücksichtigt, wie im neuen Start-Vertrag. Es gibt aber keinen Vertrag, der nur die Systeme eines Landes begrenzt. Derartige Rüstungskontrollgespräche müssten die Raketen aller Staaten der Region einbeziehen, die meistens moderner sind und größere Reichweite haben als die des Iran.

Dennoch werden diese Argumente von allen Republikanern im US-Kongress und einer Gruppe von Senatoren der Demokraten wie Bob Menendez, aber auch von einigen europäischen Regierungen verwendet. Sie werden von Lobbygruppen wie AIPAC, die die Argumente des israelischen Premierministers Netanjahu übernahm, und rechtsgerichteten Thinktanks in den USA verbreitet. Andere proisraelische Gruppen wie J-Street unterstützen hingegen das Abkommen.

Biden steht bei dem Abkommen zwischen den Fronten.

Ursprüngliches Abkommen muss wieder eingesetzt werden

Nun haben Präsident Biden und sein Außenminister Blinken Angst vor dieser Gegnerschaft bekommen. Er zögert und fordert den Iran auf, zuerst seine Verpflichtungen wahrzunehmen, bevor die USA Sanktionen aufheben würden. Er will nicht den Eindruck erwecken, dass er sich vom Iran unter Druck setzen lässt. Ein Angriff auf vermeintlich vom Iran unterstützte Milizen in Syrien im Februar 2021 sollte dem Nachdruck verleihen. Der "maximale Druck" hat den Iran schon unter Trump nicht dazu gebracht, den Forderungen der USA nachzugeben, so wird er es auch nicht unter Biden tun. Im Gegenteil, der Iran erhöht selbst den Gegendruck, indem er droht, den Spielraum der Inspektoren der IAEA weiter einzuengen. Damit wäre das Nuklearabkommen in einer Sackgasse.

Die einzige Lösung ist, dass sich alle Parteien des JCPOA dazu bekennen, dass das ursprüngliche Abkommen ohne zusätzliche Bedingungen wieder in Kraft gesetzt werden muss. Neben dem Iran unterstützen Russland und China diese Entkoppelung, einige Europäer haben sich noch nicht klar geäußert. Außerdem hat die Regierung Biden, trotz aller Bekenntnisse zur transatlantischen Partnerschaft, die Sanktionsdrohungen gegen europäische Unternehmen, die Geschäfte mit dem Iran machen wollen, nicht aufgehoben. Sie behindert damit eine unabhängige europäische Handlungsfähigkeit.

Die Konstellation zwischen US-Präsident Obama und dem iranischen Präsidenten Rohani war 2015 beim Abschluss des Abkommens günstig. Es gibt jetzt ein Gelegenheitsfenster. Präsident Biden sollte das bedenken. Nach den Präsidentschaftswahlen im Iran im Juni 2021 könnte sich das ändern. (Heinz Gärtner, 31.3.2021)