Es scheint inhaltliche Unterschiede bei den Herstellern von Covid-19-Impfstoffen zu geben.

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Biontech, Moderna, Astra Zeneca: Informiert man sich in Europa über mögliche Impfstoffe gegen Covid-19, wird man vermutlich primär auf diese drei Hersteller stoßen, die derzeit auch in Österreich zum Einsatz kommen. Trotz Diskussionen erhielt der russische Sputnik-V-Impfstoff bisher hingegen keine Zulassung. Social-Media-Nutzer in Deutschland scheint der Hersteller mit Werbeschaltungen trotz allem von sich überzeugen zu wollen – und vermischt auf seinem Twitter-Account sachliche Informationen mit Regierungspropaganda.

Auf die Tatsache, dass mit Werbung unter anderem spezifisch Deutsche erreicht werden sollen, machte der Twitter-User Paul Strobel aufmerksam. Ihm werde nämlich ein Sputnik-Posting "am aggressivsten in die Timeline gedrückt", schreibt er auf der Plattform. Stolze 222.000 Follower hat Sputnik V auf dem Kurznachrichtendienst, selbst folgt der offiziell verifizierte Account neben zahlreichen Wissenschaftern unter anderem auch den Konkurrenzprodukten, Nachrichtenmedien und sogar dem russischen Fußballnationalteam.

Ländervergleich mit Russland

Sieht man sich die Beiträge des Impfstoff-Accounts genauer an, fällt auf, dass neben Werbung für die Wirksamkeit des Produkts auch Beiträge internationaler Nachrichtenmedien geteilt werden. Dabei wird stets insbesondere hervorgehoben, welche Länder schon auf die russische Lösung setzen, und ein Vergleich mit der Konkurrenz, aber auch mit anderen Ländern gezogen, die – glaubt man den Beiträgen – die Pandemie sehr viel schlechter meistern würden als Russland selbst.

Vergleicht man den Twitter-Auftritt mit den konkurrierenden Herstellern Moderna, Astra Zeneca oder Biontech, fällt die fast schon aggressive Kommunikation der russischen Produzenten auf. Während auf Modernas Account hauptsächlich Presseaussendungen zu finden sind, teilt Astra Zeneca vor allem kurze Videos zu wissenschaftlichen Themen. Biontech postet zwar durchaus Medienberichte, in denen die Wichtigkeit der eigenen Arbeit hervorgehoben wird, Angriffe auf die Konkurrenz oder fremde Regierungen sucht man hingegen vergeblich.

Regierungsverbindungen

Doch warum diese deutlichen Unterschiede in der Kommunikation? Sputnik V wurde vom russischen Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie entwickelt, das in der russischen Hauptstadt Moskau angesiedelt ist und dem Gesundheitsministerium untersteht. Doch für die wirtschaftlichen Belange und die Vermarktung des Impfstoffs ist der milliardenschwere "Russische Fonds für Direktinvestitionen" (RFPI) verantwortlich. Dieser wird von Kirill Dmitriew geführt, der offenbar beste Verbindungen zu Wladimir Putin und dessen Tochter Katerina Tichonowa unterhält, wie die "Presse" berichtet.

Laut dem "Mueller Report", mit dem eine mögliche Beeinflussung der US-Wahlen 2016 durch Russland untersucht wurde, gehörte Dmitriew zudem zu einer Delegation, die nach Trumps Wahlsieg einen persönlichen Kontakt herstellen sollte, wie auf der Webseite des "Moscow Project" nachzulesen ist. Die Nähe zum russischen Präsidenten spiegelt sich zudem auf dem Twitter-Account von Sputnik V wider, wo der RDIF-CEO Putin immer wieder lobt. Zudem wurde die Tatsache, dass ebendieser geimpft worden sei, mit einem eigenen Posting geehrt.

Um bloße Werbung für das eigene medizinische Produkt scheint es also nicht zu gehen. Heikel ist dies unter anderem, weil politische Werbung auf Twitter sehr stark reguliert ist, wie Strobel in seinem Twitter-Thread abschließend schreibt. Twitter selbst ist in dieser Sache jedoch noch nicht eingeschritten. (mick, 25.3.2021)