Imola 2004, Christian Klien im Jaguar. Der Vorarlberger ist Österreichs bisher letzter Formel-1-Pilot. Heuer kommentiert der 38-Jährige für Servus TV. Auftakt am Sonntag (17 Uhr) in Bahrain.

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Der Anfang ist wie ein Musikunterricht. Wenn das Kind ein Instrument übt, denkt es nicht an die Wiener Philharmoniker oder an einen Auftritt beim Nova Rock. Es haut in Tasten, zupft an Saiten und spielt den Eltern dann stolz Alle meine Entchen vor. "In der ersten Stunde träumst du nicht von der großen Bühne", sagt Robert Lechner, selbst ein guter Klavierspieler und ein noch besserer Schlagzeuger. "Es geht nur um den Spaß, so soll es sein."

Was die Tonleiter für den Musiker ist, ist das Kartfahren für junge Motorsportler. Die Superstars der Szene, jene 20 Piloten, die am Wochenende in Bahrain die neue Formel-1-Saison eröffnen, fuhren einst allesamt Kartrennen – zum Spaß. "Erst mit der Aufgabe steigen die Ziele", sagt Lechner.

Der 43-jährige Salzburger ist ehemaliger Rennfahrer in Formel- und Tourenwagen-Serien. Heute leitet er in Thalgau (Salzburg) gemeinsam mit seinem Bruder Walter junior eine Rennschule (Lechner Racing School), bietet Fahrtrainings an, organisiert den Betrieb mehrerer Rennteams und sogar eine eigene Wettkampfserie. Er selbst war einst Formel-3-Vizemeister und immerhin Sieger der 24 Stunden auf dem Nürburgring.

Es wäre vermessen zu sagen, falsche Entscheidungen hätten ihm den Weg in die Formel 1 verbaut. Nur: Es waren eben nicht alle Entscheidungen goldrichtig. Der Zufall wollte es nicht. "Man braucht zum richtigen Zeitpunkt das richtige Netzwerk und muss am Punkt abliefern", sagt Lechner.

Motorsport ist ein exponentiell teurer Spaß. Je schneller die Autos, umso mehr geht er ins Geld. Immerhin der Kartsport ist halbwegs erschwinglich. Ein paar tausend Euro ermöglichen den Einstieg, bei internationalen Ambitionen wird es schnell mehr. Neben dem Kleingeld sollte ein Kind Sportlichkeit mitbringen, sagt Lechner, auch andere Hobbys verfolgen. Motorische Fähigkeiten seien die Basis für schnelles Autofahren. Und es brauche eine intrinsische Motivation. "Manche Eltern projizieren da etwas hinein, das die Kinder gar nicht wollen."

Ungemütlich

Allzu lange darf man es sich nicht gemütlich machen. Bald müssen namhafte Serien in Deutschland oder Italien das Ziel sein. Denn Formel-1-Rennställe wie Ferrari, Mercedes oder Renault betreiben Akademien, die schon auf Kartebene nach Talenten suchen. "Sie kennen die Szene, begleiten Junge über einen langen Zeitraum", sagt Lechner. Auch der Automobilverband ADAC oder Pirelli betreiben Nachwuchsprogramme, die einen Umstieg in Formel-Serien erschwinglich machen können.

Um es in eine Akademie zu schaffen, reichen schnelle Rundenzeiten allein nicht aus. "Du musst andere Leute für dich gewinnen", erklärt Lechner. Er spricht von der "Ideallinie abseits der Strecke": Sponsoren überzeugen, Medien auf sich aufmerksam machen und Kontakte knüpfen. Gelingt der Sprung in eine Akademie, so gleicht die Karriereleiter einem Countdown: Formel 4, 3, 2, 1. Die letzte Sprosse schaffen nur die allerwenigsten.

Beim entscheidenden letzten Schritt in die Formel 1 geht es auch um Gegebenes. Passt die Nationalität des Fahrers in die strategische Ausrichtung des Teams? Der schnelle Japaner Yuki Tsunoda bekam den Vorzug bei AlphaTauri, was den Motorlieferanten Honda freuen dürfte. Mick Schumacher hat einen neuen Sponsor dazu bewogen, die nächste Saison von Haas F1 mitzufinanzieren.

Robert Lechner glaubt an Österreicher in der Formel 1.
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"Zu meiner Zeit war es leichter als heute", sagt Lechner. Es gab Privatteams, dadurch auch mehr Cockpits. Minardi brachte etwa den mehrfachen Weltmeister Fernando Alonso, aber auch den Österreicher Patrick Friesacher in die Formel 1. Seit der Saison 2017 ist das Fahrerfeld auf 20 Startplätze limitiert, das hat auch politische Gründe. Bei mehreren Teams müsste der Topf an TV-Geldern auf mehrere Empfänger aufgeteilt werden. "Die Formel 1 sorgt bewusst für Exklusivität", sagt Lechner.

Österreich wartet seit mehr als einem Jahrzehnt auf einen Fahrer in der Formel 1. Christian Klien durfte nach drei Saisonen in den Nullerjahren 2010 noch dreimal für das klar unterlegene Hispania Racing Team starten. Der bisher letzte österreichische Podestfahrer war Alexander Wurz für Williams in Kanada 2007, den letzten Sieg holte der Tiroler Gerhard Berger auf dem Hockenheimring 1997, Niki Lauda war 1984 der letzte Weltmeister.

Wird es jemals wieder einen Österreicher in der Formel 1 geben? "Da bin ich mir sicher", sagt Lechner. Er bezeichnet Österreich als ein Motorsportland und verweist neben Großsponsoren wie Red Bull und BWT auf die Teamchefs Toto Wolff (Mercedes) und Franz Tost (AlphaTauri). "Österreicher sind flexibel und anpassungsfähig, weil das Land so klein ist", sagt Lechner. Das komme auch im Ausland gut an, "weil wir schnell Kontakte knüpfen und gut netzwerken".

Kaum gefragt

Auf dem Fahrermarkt sind Österreicher weniger gefragt. Lucas Auer kam 2017 zu einem Testtag, fuhr aber keinen Grand Prix. Ihm blieb die DTM, ebenso wie Ferdinand Habsburg. Thomas Preining hatte laut Lechner den Speed und das Paket für die Formel 1, er steht aktuell im Tourenwagen-Team von Porsche unter Vertrag. Mit Lukas Dunner gab es im vergangenen Jahr immerhin einen Fahrer in der Formel 3, heute fährt er Rallyes.

Lechner sagt: "Vielleicht gibt es gerade einen Burschen oder ein Mädel, von dem wir noch gar nichts gehört haben. Sie haben gerade Spaß am Kartfahren, und vielleicht werden sie eines Tages richtig laut." (Lukas Zahrer, 26.3.2021)