Heinz-Christian Strache, Sebastian Kurz und Alexander Van der Bellen zogen sich den Unmut eines 52-Jährigen zu, der die Politiker mit dem Umbringen bedrohte. Erzherzogin Maria Theresia von Österreich blieb vom Furor verschont.

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Wien – Angeklagter Wolfgang R. zaubert quasi Tiroler Skihüttenflair in den Verhandlungssaal 311 des Landesgerichts für Strafsachen Wien. In extrabreiter Umgangssprache seines Herkunftsbundeslands erzählt er von "Schnapsrunden", alpenländischem Humor und seinen familiären Verflechtungen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Der 52-jährige R. sitzt vor Richter Peter Komenda, da er im Oktober und Jänner in drei Facebook-Postings Politiker gefährlich bedroht haben soll. Den Bundeskanzler, der laut R.s Angaben ein guter Freund seiner Schwester sei, kündigte er an: "Wir werden dich eigenhändig töten, du Wichser." Heinz-Christian Strache (Team HC) beschied er, der Sprössling einer Kurtisane zu sein. Und Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist für R. ein "Russenbastard", ein "Oarschloch" und eine "Wiener Drecksau", dem ein "Messer im Kopf" gebühre.

Wut über Gastro-Lockdown

Der neunfach vorbestrafte Angeklagte bekennt sich schuldig und versucht zu erklären, wie es zu den bedrohlichen Insultierungen kam. "Wir sind die einzige Branche, die vor die Hunde geht", sagt der arbeitslose Gastronomiemitarbeiter. "Da gehen Existenzen verloren", betont er, auch sein Sohn sei als Koch ohne Job.

Als bei einer der zahlreichen Regierungspressekonferenzen zur Covid-19-Pandemie im Oktober ein neuerlicher Gastro-Lockdown angekündigt wurde, habe er sich geärgert. Er sei mit einer Runde Freunde zusammengesessen und habe Schnaps getrunken. "Es war eine Rauschaktion", entschuldigt er die Drohung an den Bundeskanzler. "Wir sind alle Schwarz- und Blauwähler", versichert er, der Text sei "zur Erheiterung meiner Freunde" gedacht gewesen.

Bei Herrn Strache sei es die Wut wegen einer nicht näher erläuterten Aktion im Wiener Gemeinderatswahlkampf gewesen, der Bundespräsident habe sich den Zorn auf andere Weise zugezogen: "Mit seiner Flüchtlingspolitik hat er mich in Rage gebracht." In die Tat würde er die Drohungen aber nicht umsetzen, antwortet R. auf die Frage des Richters. "Wenn ich den Herrn Kurz auf der Straße sehen würde, würde ich die Straßenseite wechseln", versichert der Angeklagte.

"Es ist ja nur Schimpfen!"

Gelegentlich bringt R. den Richter etwas aus dem Konzept. Beispielsweise, als er erzählt: "Ein Freund von mir hat der Merkel gedroht." Oder als er offenbart: "Ich habe nicht gewusst, dass das strafbar ist. Es ist ja nur Schimpfen!" – "Na ja, 'Am Samstag bist du tot' zu schreiben ist aber schon mehr als Schimpfen", gibt Komenda zu bedenken, was der joviale Angeklagte dann auch zugesteht.

Der Staatsanwalt versucht zu erfragen, ob R. beim Verfassen der Texte so betrunken gewesen sei, dass er nicht mehr gewusst habe, was er tat. "Sie kommen ja aus der Gastro. Waren Sie in einem Zustand, dass jemand anderer die Rettung rufen würde, weil Sie schon so besoffen sind?", will der Anklagevertreter wissen und stößt auf absolutes Unverständnis. "Wieso die Rettung rufen, wenn ich besoffen bin? Was soll das denn bringen?", ist der Angeklagte verwirrt.

Selbstauferlegtes Posting- und Alkoholverbot

Mittlerweile habe er sich aber gebessert, erzählt R. vor Gericht. Er habe sich selbst ein Posting- und Alkoholverbot auferlegt. Letzteres zumindest teilweise: "Ich halte mich vom Schnaps fern. An Spritzer darf ich schon trinken. Heute beim Fußballspiel", freut der Angeklagte sich schon auf den Länderkampf Schottland gegen Österreich.

Bei einem Strafrahmen bis zu einem Jahr Haft entscheidet sich Richter Komenda für vier Monate bedingte Haft. Staatsanwalt und Angeklagter akzeptieren, da R. aber ohne Verteidiger erschienen ist, hat er automatisch drei Tage Bedenkzeit, und das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. R. bedankt sich und verabschiedet sich fröhlich mit "A schens Tagerl wünsch i no" aus dem Saal. (Michael Möseneder, 25.3.2021)