Die Kanzlerin ist handwerklich und nicht machtpolitisch gescheitert.

Foto: imago images/Political-Moments

Auch am Tag nach der bemerkenswerten Entschuldigung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel riss die Diskussion in Berlin nicht ab. Unter den vielen Fragen, die im Raum stehen, gibt es eine sehr grundsätzliche: Was ist schlimmer – machtpolitisch oder handwerklich als Regierungschefin zu scheitern?

Merkel ist bekanntlich Letzteres passiert. Zunächst vereinbarte sie mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der 16 Länder, dass es am Gründonnerstag und am Karsamstag in Deutschland sogenannte "Ruhetage" geben solle, an denen das Land komplett heruntergefahren wird. Doch nur einen Tag später kassierte sie das Vorhaben wieder und entschuldigte sich für das Chaos, das sie allerdings "Verunsicherung" nannte.

Proteststurm im Land

Beim Blick auf diese Kehrtwende zeigt sich, dass die Idee der Osterruhe einfach nicht durchdacht war. Kaum war das Vorhaben ausgesprochen, erhob sich in Deutschland ein enormer Proteststurm. Doch es war nicht nur Unmut über die Aussicht auf weitere Schließungen.

So liefen etwa die Vertreter der Lebensmittelketten Sturm. Sie warnten, dass die Regale leer bleiben würden, wenn es an "Ruhetagen" ein Lkw-Fahrverbot gebe. Gleichzeitig forderten Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), dass es an den "Ruhetagen" vor Ostern Lohnfortzahlungen geben müsse.

Kritiker warnten zudem, dass bei geschlossenen Lebensmittelläden am Gründonnerstag und am Karfreitag, der in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag ist, am Mittwoch vorher genau das passieren würde, was Merkel verhindern wollte: ein Riesenansturm auf Geschäfte – also sehr viel mehr Menschen auf engem Raum.

Es tauchte auch die Forderung auf, Beschäftigten, die an den "Ruhetagen" arbeiten müssen, etwa Personal in Spitälern, Pflegeheimen, einen Gehaltszuschlag zu zahlen.

"Ruhetag" im Wirtshaus

Und dann war da noch die Frage, wie man den "Ruhetag" auf eine gesetzliche Grundlage stellen könnte. "Ruhetag" kennen die Deutschen eigentlich nur, wenn sie in pandemiefreien Zeiten vor einem geschlossenen Wirtshaus stehen und das Schild "Ruhetag" entdecken.

Im Gespräch war, die "Ruhetage" zu gesetzlichen Feiertagen zu machen. Aber wie? In die Zuständigkeit von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der in der Runde nicht dabei war und durch seinen Staatssekretär vertreten wurde, fällt nur ein bundesweiter gesetzlicher Feiertag: 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Für die anderen sind die 16 Länder zuständig.

Irgendwann wurde Merkel klar, dass – wie sie es dann selbst formulierte – "Aufwand und Nutzen" in keinem Verhältnis mehr standen.

Das Chaos erhöht nun den Druck auf CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder, sich in der Frage der Kanzlerkandidatur endlich zu einigen. Immer noch ist offen, wer von den beiden als Kandidat in den Bundestagswahlkampf zieht. Zwischen Ostern und Pfingsten wollen sie sich einig werden. Die Entscheidung dürfte nun näher an Ostern liegen. "Ruhetage" gibt es jetzt ohnehin nicht so viele. (Birgit Baumann aus Berlin, 25.3.2021)