Das Zufallsprinzip spielt beim Wohnen des Künstlers Helmut Palla eine entscheidende Rolle. Er wohnt und arbeitet seit 35 Jahren in einem Gründerzeithaus in Wien-Hernals.

"Ich habe dieses Haus im Hinterhof eines Gründerzeithauses 1985 entdeckt. Wir waren damals auf der Suche nach einem Loft zum Arbeiten und Wohnen. Ich kam unten herein, ging durch den Hof und sah über dem Hauseingang ein altes Schild, auf dem ,Ideal Möbel‘ stand. Da habe ich gewusst, dass wir fündig geworden sind.

Auf der Suche nach einem Loft zum Wohnen und Arbeiten wurde Helmut Palla 1985 fündig.
Foto: Lisi Specht

420 Quadratmeter auf drei Stockwerken haben damals 12.000 Schilling Miete gekostet. Dafür gab es keinen Gasanschluss, bei den alten Fenstern hat es hereingeschneit, und die WCs waren auf dem Gang. Und uns war das alles natürlich viel zu groß, daher haben wir Künstler gesucht, die sich das mit uns teilen wollten.

In den 1990er-Jahren wurde dieses Haus gemeinsam mit dem Vorderhaus schließlich zwangsversteigert. Es wechselte den Besitzer. Und dann wurde es noch im selben Jahr erneut zwangsversteigert. Zu dem Zeitpunkt beschloss ich, dass ich zuschlage. Nach heutigem Standard war das Haus ein Schnäppchen, ich habe aber über die Jahre noch einmal mehr als das Doppelte in die Sanierung gesteckt. Zwei bis drei Briefe bekomme ich heute pro Woche, in denen Makler, Zinshausbesitzer oder Familienstiftungen ihr Interesse an dem Haus bekunden. Da kommt jeder Schmäh. Aber ich verkaufe natürlich nicht.

Das Schild "Ideal Möbel" über dem Hauseingang überzeugte Helmut Palla sofort.
Fotos: Lisi Specht

In diesem Stockwerk wohne ich jetzt seit sieben oder acht Jahren. Zuvor habe ich einen Stock weiter oben gewohnt. Früher war das hier ein Atelier, später unser Büro. Es war gar nicht so leicht, diesen großen Raum ohne jegliche Struktur für mich als Wohnung zu konfigurieren. Mein Einrichtungsstil? Ich würde sagen: Der Zufall ist in jedem Sinn für mich entscheidend. Aber damit meine ich nicht zufällig, sondern dass es mir zufällt. Und diese zugefallenen Teile werden dann integriert. Das zeigt sich auch darin, dass über dem Hauseingang ,Ideal Möbel‘ steht oder dass dieses Haus zweimal darauf gewartet hat, dass ich es ersteigere.

Nach demselben Zufallsprinzip finde ich Möbel auf Flohmärkten, die ich umbaue. Ich versuche, die Möbel, das Haus, aber auch die Sprache auseinanderzunehmen und zu schauen, was wichtig ist und was übrig bleibt – und den Rest zu verdichten. Ich möchte immer möglichst wenig verändern, aber mit möglichst großer Wirkung. So habe ich schon Regale aus Orgelpfeifen gebaut, Kommoden aus Turngeräten, einen Sessel aus einem alten Stadtbahn-Führersitz und ein Mobile aus Lampen, um zu sehen, ob das funktioniert. Und ich finde, es funktioniert.

Auch die Orgelpfeifen für die Regale sind Helmut Palla zugefallen.
Foto: Lisi Specht

Vieles habe ich auch von Reisen mitgebracht. Der Hartholzboden stammt zum Beispiel aus Thailand. Dort bin ich an einem Holzwerk vorbeigefahren und habe beschlossen, den Boden dort zu kaufen. Und nachdem wir dann ohnehin schon für das Verschiffen eines Containers bezahlen mussten und so ein Fußboden nicht sehr viel Platz einnimmt, sind wir shoppen gegangen. Wir haben zum Beispiel eine 2,50 Meter hohe Buddha-Statue gekauft und eine indische Tür, die jetzt in ein kleines Kämmerlein in meiner Wohnung führt.

Ich empfinde mich nach all den Jahren, in denen ich hier vor mich hin gearbeitet habe, als Wohnprofi. Eine Wohnung soll sich mir anpassen – und nicht umgekehrt. Genauso sehe ich das auch mit der Ordnung. Eine gewisse Grundordnung ist wichtig. Aber Ordnung besteht nicht darin, alles einfach irgendwie wegzuräumen.

"Ich möchte immer möglichst wenig verändern, aber mit möglichst großer Wirkung", sagt Helmut Palla.
Fotos: Lisi Specht

Das Einzige, was mir hier im Hinterhof ab und zu abgeht, ist der Fernblick. Dafür ist mir gerade in Zeiten von Corona wieder bewusst geworden, dass es in diesem Raum praktisch keine Stelle gibt, auf die nicht irgendwann einmal die Sonne trifft. Im Sommer kommt am Abend das Licht rein und schießt geradezu nach hinten an das Ende des Raums. Das glaubt man fast nicht.

Ich habe mir hier im Prinzip meinen Wohntraum erfüllt. Dieses Zuhause als mein Lebenswerk zu bezeichnen wäre ein wenig hoch gegriffen. Aber dieses Haus ist seit 35 Jahren mein Leben. Und hier ist alles genau so, wie ich es mir für mich vorgestellt habe." (29.3.2021)