MAN-Betriebsratschef Erich Schwarz steht enorm unter Druck.

Foto: APA / Fotokerschi.at / Werner Kerschbaum

Wien/Steyr – Große Bühne gibt es am Freitag im MAN-Lkw-Werk in Steyr. Um 14.45 Uhr versammelt die Geschäftsführung die Belegschaft zu einer Betriebsversammlung, in der Investor Siegfried Wolf sein Konzept für den für die Nutzfahrzeugsparte des Volkswagen-Konzerns überraschend unrentabel gewordenen Standort in Oberösterreich präsentiert.

Überraschend deshalb, weil die MAN Truck & Bus Österreich GesmbH in Steyr mit knapp 1980 Mitarbeitern (gerechnet auf Vollzeitäquivalente) und rund 170 Lehrlingen im Jahr 2019 bei 1,099 Milliarden Euro Umsatz noch einen Jahresüberschuss erwirtschaftete.

Einen schmalen Gewinn zwar, aber in der im Firmenbuch hinterlegten Bilanz 2019 wird ein Ergebnis nach Steuern von 20,07 Millionen Euro ausgewiesen. Inklusive Gewinnvortrag aus den Vorjahren belief sich der Bilanzgewinn auf 617 Millionen Euro, der auf neue Rechnung vorgetragen wurde.

2020 kein Gewinn mehr?

Die Bilanz für das Corona-Jahr 2020 ist noch nicht veröffentlicht. Es sei aber kein Gewinn mehr erwirtschaftet worden, beschied man in München auf Nachfrage des STANDARD. Insbesondere die in Steyr produzierten Leicht-Lkws stünden aufgrund des massiven Wettbewerbs besonders unter Druck. Geringste Margen und zu kleine Stückzahlen, das rentiere sich nicht, zumal es im Konzern ohnehin Überkapazitäten gebe.

Steyr habe nur deshalb positiv bilanziert, weil es einen "jährlichen Ausgleich durch die Zentrale gibt", zitierte die Austria Presse Agentur den Personalvorstand der MAN Truck & Bus SE, Martin Rabe. Der Verkauf an Wolf sei daher die einzige Alternative zur Schließung. "Wenn wir als Unternehmen auch in zehn Jahren noch eine Rolle in der Branche spielen wollen, müssen wir immense Investitionen vornehmen und MAN insgesamt komplett neu aufstellen. Doch dazu fehlt uns im Moment schlicht das Geld."

Industrielles Konzept

Wolfs WSA Beteiligungsgesellschaft sei der einzige ernstzunehmende Investor, der auch über ein detailliertes industrielles und betriebswirtschaftliches Konzept verfüge, wird seit Wochen betont. Andere Interessenten, die man im Übrigen nur aus Bekundungen in Medien kenne, kämen nicht in die Gänge und daher auch nicht infrage.

Genau das kritisieren Kritiker und Konkurrenten, dass keinerlei Interesse an einer Markterkundung bestanden habe und nur mit dem früheren Magna-Chef und Aufsichtsratsvorsitzenden der Staatsholding ÖIAG verhandelt wurde. Aus Sicht der Belegschaft verständlich, sie klammert sich an jeden Strohhalm, zumal Wolf zwar angekündigt hat, jedem Einzelnen 10.000 Euro Prämie zu zahlen. Auf die Prämie folgt allerdings die Kürzung der Löhne um den Schichtzuschlag. Was die Belegschaft davon hält, wird man nach der geheimen Abstimmung wissen, die nächste Woche abgehalten wird. (Luise Ungerboeck, 26.3.2021)