Italiens Premierminister Mario Draghi will Maßnahmen gegen Pharmakonzerne ergreifen, die ihren Verpflichtungen gegenüber der EU nicht nachkommen.

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Rom/Brüssel/Wien – Es gibt weiterhin Diskussionen um mehr Impfdosen für Österreich. Klare Ablehnung kommt etwa vom italienischen Premier Mario Draghi. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) fordert 400.000 Zusatzdosen des Impfstoffs von Hersteller Biontech/Pfizer. Das sagte er bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Von 10 Millionen Zusatzdosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer stünden Österreich laut Bevölkerungsschlüssel 200.000 zu. "Sie kennen Verhandlungen", sagte der Bundeskanzler auf Nachfrage, wie wahrscheinlich die Forderung von 400.000 Dosen sei. "Jeder geht mit Maximalforderungen raus." Am Ende von EU-Verhandlungen stehe immer ein Kompromiss. Er sehe die Verhandlungen als Erfolg, wenn Österreich davon profitiere. Einen konkreten Wert zwischen 200.000 und seiner Maximalforderung von 400.000 wollte Kurz jedoch nicht nennen.

Absage von Draghi und Rutte

Angesprochen darauf, dass etwa Draghi zusätzliche Dosen für Österreich offen ablehnt, sagte Kurz, dass die Stimmung bei den Verhandlungen "generell eine sehr gute" gewesen sei. Anonyme Quellen hätten hier in der Vergangenheit falsch berichtet.

Laut italienischen Medien ist es beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag zu Divergenzen zwischen Italiens Premierminister und Kurz über die Impfstoffverteilung in Europa gekommen. "Auch wir haben Impfstoff-Mängel, Kurz wird keine einzige zusätzliche Dosis erhalten", wurde Draghi von der römischen Tageszeitung "La Repubblica" zitiert. Ähnlich sieht die Lage der EU-Parlamentspräsident David Sassoli. Es sei "verantwortungslos", die Ineffizienz einzelner Länder auf die EU abzuladen. "Streit mit Österreich über die Verteilung der zusätzlichen Dosen", fasste die Tageszeitung "La Stampa" die Lage zusammen.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte, ein Blick auf die Zahlen zeige, dass vor allem Bulgarien, Lettland und Kroatien ein Problem hätten. Denen wolle man helfen. Bei Österreich könne er dies hingegen derzeit nicht erkennen.

Maßnahmen gegen Pharmakonzerne

Neben Kurz beschwerten sich auch Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenković und die Regierungschefs von Tschechien, Slowenien, Bulgarien und Lettland darüber, dass die tatsächliche Verteilung vom ursprünglich beschlossenen Bevölkerungsschlüssel abweicht. Vor allem Bulgarien und Lettland sind bei der Impfstoffverteilung weit abgeschlagen.

Draghi hat in einer Stellungnahme beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag die Notwendigkeit hervorgehoben, Maßnahmen gegen Pharmakonzerne zu ergreifen, die ihren Verpflichtungen gegenüber der EU nicht nachkommen. Viele EU-Bürger hätten den Eindruck, von den Pharmakonzernen "verraten" worden zu sein, sagte Draghi laut italienischen Medien. Keine Maßnahmen gegen die Pharmariesen zu ergreifen sei für die Bevölkerung unverständlich. Der EU-Gipfel ist in der Nacht auf Freitag zu Ende gegangen.

"Solidarischer Ausgleich für Europa"

Insgesamt zeigte sich Kurz am Tag nach dem Gipfel "sehr optimistisch", dass es gelingen werde, einen "solidarischen Ausgleich in Europa zu schaffen". Er betonte wiederholt, dass ein Drittel der Mitgliedsstaaten sich "vehement für eine gerechtere Verteilung" ausgesprochen hätten. Besonders erwähnte er Länder, die das taten, obwohl sie nicht davon profitieren würden, wie Zypern, Polen oder Luxemburg.

Der Ausgleich sei auch im Bezug auf die Nachbarstaaten Tschechien, Slowakei oder Kroatien wichtig. Denn wenn dort der Impffortschritt langsamer sei als in Österreich, "hat das auch Auswirkungen auf uns", sagte der Kanzler. Er halte es da mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Wir leben gemeinsam auf diesem Kontinent. Das Virus kennt keine Grenzen." (agr, red, APA, 26.3.2021)