Den Wandel der Unternehmen hin zur Klimaneutralität finanziell zu begleiten ist auch für Banken eine Chance.

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Die Banken waren in der Pandemie bisher ein wichtiger Partner. Kreditraten mussten gestundet, Überbrückungskredite vergeben werden. Durch das Auslaufen von Hilfspaketen wird jedoch erwartet, dass die Insolvenzrate zunimmt und Kredite doch nicht mehr bedient werden können. Wie gut ist die Bankenbranche in Europa darauf vorbereitet? Das hat sich Zeb, eine Strategie- und Managementberatung im Bereich Financial Services, im Rahmen einer Studie angesehen. Dafür wurden die Zahlen von Europas Top-50-Banken analysiert. Aus Österreich sind die Ergebnisse der Erste Group und der Raiffeisen Bank International in die Erhebung eingeflossen.

In Summe hat sich die Profitabilität im Vorjahr halbiert. Das ist die schlechte Nachricht aus der Bankenbranche. Die gute Nachricht ist aber, dass die Risikovorsorgen verdoppelt wurden und die Banken damit Kreditausfälle verkraften werden. "Die Risikovorsorgen haben den höchsten Wert in den vergangenen sieben Jahren erreicht", sagt Michaela Schneider, Managing Partnerin bei Zeb. Die Aufstockung der Risikovorsorge war auch der Hauptgrund für den Gewinnrückgang. Auch die Eigenkapitalquote und das Kernkapital konnten verbessert werden. "Die Banken haben sich wetterfest gemacht", fasst Dirk Holländer, Studienautor und Senior Partner bei Zeb, zusammen. Und sie stehen besser da als 2008 in der Finanzkrise.

Deutliche Unterschiede

Innerhalb des Sektors zeigen sich aber deutliche Unterschiede. 80 Prozent der analysierten Banken konnten die Belastung aus dem operativen Gewinn stemmen. Nur zehn der großen europäischen Institute, vor allem aus den von Corona stark betroffenen Regionen, haben Verluste gemacht. Der wahre Test für die finanzielle Resilienz der Banken wird, hier sind sich die Zeb-Experten einig, im laufenden ersten Halbjahr stattfinden – weil dann eben staatliche Moratorien und Hilfsprogramme für Unternehmen auslaufen.

In den kommenden Monaten wird es für die Banken daher in erster Linie darum gehen, die wirtschaftlichen Entwicklungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Doch die nächste Herausforderung wird sein, wie die Geldhäuser wieder ins Verdienen kommen. Hier steht laut Zeb ein Thema in der Auslage, nämlich die Nachhaltigkeit.

Vor allem Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen immer mehr im Fokus. Auch Regulatoren und die Politik drängen Banken verstärkt dazu, ESG-Anforderungen (steht für Environmental, Social und Governance) zu erfüllen.

Potenzial für Chancen

Für Banken sieht Holländer hier eine Chance. Bisher werde in diesem Zusammenhang nämlich oft nur über die Kosten gesprochen, die ein Systemwandel mit sich bringt. Das Chancenpotenzial werde ausgeklammert. Es gehe beim ESG-Thema aber nicht darum, den nächsten grünen Bond oder Fonds aufzulegen, sondern um ein größeres Ganzes. Es gehe in diesem Bereich auch darum, welche Unternehmen und Projekte eine Bank finanziert oder wie die Bank selbst agiert.

Fragen, ob biologische Lebensmittel in der Kantine verwendet werden, ob man recyceltes Papier benutzt oder ob es eine E-Auto-Flotte im eigenen Fuhrpark gibt etc., werden laut Holländer wichtig werden. Neben den Produkten, die eine Bank anbietet, werden das Portfolio und das Gebaren des Geldhauses immer wesentlicher – auch weil Ratingagenturen solche Aspekte immer deutlicher in ihre Analysen aufnehmen.

Bewertung der Kredite

Diskutiert werden aktuell auch mögliche Kapitalab- oder -zuschläge für "braune" oder "grüne" Kreditgeschäfte. Das würde zu einer Veränderung der Kapitalquoten führen und das Kreditneugeschäft der Banken verändern. Um die Klimaziele zu erreichen, geht die EU-Kommission allein in Europa von einem direkten Finanzierungsvolumen in der Höhe von jährlich 1000 Milliarden Euro aus. Für Banken könnte dies nach einer Schätzung von Zeb zusätzliche Erträge von fast 27 Milliarden Euro pro Jahr oder 270 Milliarden bis 2030 bedeuten. Das ist das Chancenpotenzial. Am interessanten ist dabei das Transitionsgeschäft – also die Unterstützung von Unternehmen auf ihrem Weg zu einem deutlich niedrigeren CO2-Fußabdruck oder einem verbesserten ESG-Profil. Hier sieht Benedikt Rotermann, Studienautor und Manager bei Zeb, die besten Wachstumschancen für Banken. Denn oft würden unter der Prämisse, das Klimarisiko zu verringern, lediglich Windkraftanlagen gefördert oder Bereiche, die von sich aus schon grün sind. Diese Bereiche seien aber sehr klein, daher wettbewerbsintensiv, und selten gebe es attraktive Margen.

Vorteil nutzen

Das Transitionsgeschäft hingegen sei der Schlüsselbereich für ein ertragsorientiertes ESG-Geschäft für Banken, fasst Rotermann zusammen. Jene Banken, die früh in diese Richtung gehen, entsprechende Risikomanagement-Tools implementieren, Scoring-Expertise aufbauen und Messmethoden etablieren, "haben beim großen Thema ESG einen Wettbewerbsvorteil", ergänzt Holländer. (Bettina Pfluger, 27.3.2021)