Die Corona-Krise hat die Schwächen unseres politischen Systems offengelegt: Der Bundeskanzler der Republik Österreich hat nur eine Koordinierungsfunktion, wenn er die geschickt und mit persönlicher Autorität wahrnimmt, dann läuft es. Wenn nicht, dann schon weniger. Oder: Der Föderalismus hat seine Meriten, aber in einer echten Krise stellt sich heraus, dass die Landesfürsten und Provinzkaiser viel zu viel auf ihre Sonderinteressen setzen.

Was tun? Eine Möglichkeit wäre, dass sich Bürgerinnen und Bürger zusammenfinden, die von unten, von der Basis her, etwas für die Erneuerung unserer, wie sich herausstellt, wenig krisentauglichen politischen Struktur tun wollen. Die sogenannte Zivilgesellschaft ist in den westlichen Demokratien durchaus in der Lage, durch Mobilisierung etwas zu bewirken. Fridays for Future etwa hat das Denken der Jugend sensibilisiert.

Fridays for Future hat das Denken der Jugend sensibilisiert.
Foto: imago images/Future Image

Die erstarrte repräsentative Demokratie braucht auch engagierte Bürgerinnen und Bürger, die ihr notfalls auf die Sprünge helfen. Eine neue Initiative, die sich "Zukunftsrat Demokratie" nennt, möchte der "Aushöhlung der politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse eine Kampagne entgegensetzen, in der die Demokratie partizipativ weiterentwickelt wird". Das Instrument dazu wäre die Etablierung eines Bürgerrats im Juni dieses Jahres, in dem nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Bürgerinnen und Bürger erste konkrete Impulse erarbeiten. Klingt ungewöhnlich bis riskant, ist aber ein Versuch, ein "gemeinsames öffentliches Nachdenken über Zustand und Zukunft der Demokratie" zu erzeugen. Das Risiko liegt darin, dass ein schlecht strukturiertes Ablassen von Ressentiments daraus wird, umgekehrt garantieren die drei zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, die dahinterstehen – respekt.net, IG Demokratie und Mehr Demokratie– für eine gewisse Professionalität. Das Projekt stützt sich zum Teil auf Crowdfunding und kann noch bis Ende April unter respekt.net/ zukunftsrat eingesehen und unterstützt werden.

Lobbyarbeit

Es gibt eine Reihe von anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen, die Lobbyarbeit für Anliegen der liberalen Demokratie und für humanitäre Anliegen leisten. Die Plattform #Aufstehn sammelt online Unterstützungserklärungen für eine breite Palette von Anliegen. Die bekannte Aktion SOS Mitmensch fährt derzeit die Kampagne #HierGeboren, die verhindern will, dass hier geborene und aufgewachsene junge Menschen ohne Staatsbürgerschaft "in ihren Rechten und Chancen beschnitten" werden.

Im Übrigen sind auch die "Querdenker"-Initiativen eine Form der Zivilgesellschaft, allerdings im Dienste von Realitätsverweigerung bis hin zu Rechtsextremismus und blanker Verrücktheit. Sie haben dabei eine beachtliche Präsenz in den sozialen Medien sowie Unterstützung durch extrem rechte Medien wie die Zeitschrift Wochenblick – und durch die Parlamentspartei FPÖ. Die "Querdenker", beziehungsweise ihr undurchsichtiger organisatorischer Kern, sind eindeutig Feinde der liberalen Demokratie. Eine Corona-Politik, die notwendigerweise, aber oft ohne plausible Begründung Maßnahmen verhängt, die die Grundrechte einschränken, arbeitet ihnen entgegen.

Die Regierenden müssen gezwungen werden, besser Rechenschaft über diese Maßnahmen abzulegen, statt nur Verkündigungspressekonferenzen abzuhalten. Der Druck sollte aber nicht aus der Ecke der rechten Corona-Leugner kommen, sondern von Bürgerinnen und Bürgern, die sich dazu selbst organisieren. (Hans Rauscher, 27.3.2021)