Am Wochenende wurden mehr als 100 Menschen bei den Protesten gegen die Militärführung getötet.

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Bei den Demonstrierenden, die in Myanmar seit Wochen gegen das durch einen Putsch an die Macht gekommene Militär auf die Straße gehen, werden die Getöteten in ihren Reihen liebe- und respektvoll "Gefallene Sterne" genannt. Und an diesem Wochenende gab es derer besonders viele zu beklagen: Allein am Samstag schossen Soldaten laut Medien- und Augenzeugenberichten in mehreren Städten des Landes in die Menge und töteten dabei mindestens 114 Menschen – darunter auch Kinder. In Mandalay, im Zentrum Myanmars, seien auf diese Weise mindestens 40 Personen ums Leben gekommen, in Yangon weitere 27.

Sicherheitskräfte sollen Medienberichten zufolge mit scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten, Kinder und medizinisches Personal vorgegangen sein.

Verurteilung durch US-Außenminister

Ohne die üblichen diplomatischen Schnörkel kritisierte der neue US-amerikanische Außenminister Anthony Blinken die Vorkommnisse scharf und eindeutig: Die Junta in Myanmar wolle im Interesse einiger weniger "das Leben des Volkes opfern". Washington stehe auf der Seite der Opposition: "Das mutige Volk von Myanmar lehnt das Terrorregime der Militärs ab." Die Regierung in Washington sei "entsetzt" über die Art und Weise, wie gegen die Demonstrierenden vorgegangen werde, die den Putsch von Anfang Februar nicht hinnehmen und auf friedliche Weise dagegen protestieren wollten.

Unverblümt spricht auch Blinkens Landsmann Tom Andrews in seiner Eigenschaft als Uno-Sonderbeauftragter für Menschenrechte in Myanmar von "Massaker" und "Massenmord" durch das Militär des Landes. Diesem begegne die Zivilbevölkerung mit der "mächtigen Waffe des Friedens", twitterte der Diplomat und forderte eine Reaktion der internationalen Gemeinschaft ein – eine solche sei schon "längst überfällig".

Am Sonntag verurteilten die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, und die Uno-Beraterin für die Verhinderung von Völkermord, Alice Wairimu Nderitu, die "systematischen Attacken gegen friedliche Demonstranten" aufs Schärfste. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in ihrer Stellungnahme.

"Der Samstag war der blutigste Tag, seit die Demonstrationen gegen den Coup begonnen haben", wurden die beiden Uno-Repräsentantinnen zitiert. "Die internationale Gemeinschaft hat die Pflicht, die Bevölkerung von Myanmar vor solchen grausamen Verbrechen zu schützen." Wenn ein Staat versage, müsse die internationale Gemeinschaft einschreiten.

Appell zu Professionalität

In einem eher ungewöhnlichen Schritt meldeten sich auch die obersten Militärs zahlreicher westlicher Staaten mit einem gemeinsamen Statement zu Wort. Sie verurteilten das Vorgehen der Junta scharf und forderten die Armeeführung des Landes auf, internationale Standards der militärischen Professionalität anzuwenden – nämlich die Zivilbevölkerung zu schützen, statt sie anzugreifen.

Unverhohlen hatte die Militärregierung den Demonstranten schon am Vortag, am Freitag, gedroht: "Sie sollten lernen, dass man Gefahr läuft, in den Kopf und den Rücken geschossen zu werden", hieß es über das staatliche Fernsehen MRTV.

Am 27. März, der heuer so blutig endete, begeht das südostasiatische Land seit bald 80 Jahren den "Tag der Streitkräfte". 1945, in der Endphase des Zweiten Weltkrieges auch im pazifischen Raum, hatte man den Sieg über Japan errungen. Der Feiertag des Jahres 2021 werde hingegen als "Tag der Schande" oder als "Tag des Massakers" in die Geschichte eingehen, war am Wochenende in sozialen Medien zu lesen. Seit dem Putsch Anfang Februar sind aktuellen Schätzungen zufolge zwischen 400 und 500 Menschen ums Leben gekommen. (gian, 28.3.2021)