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In den am Sonntag bekanntgewordenen Chats von und an den heutigen Öbag-Chef Thomas Schmid geht es um die Suche nach Aufsichtsratsmitgliedern, um die Ausschreibung des Öbag-Alleinvorstandspostens, um den sich Schmid 2019 beworben hatte, und um Freundschaften. Ob Gernot Blümel in seiner Zeit als Kanzleramtsminister und Koalitionskoordinator, ob Sebastian Kurz in der Zeit vor seiner Kanzlerschaft oder bereits als Bundeskanzler: Die Korrespondenz zeigt auch das Naheverhältnis der handelnden Personen.

Und was haben diese unter Wahrheitspflicht in ihren Aussagen im laufenden Ibiza-Untersuchungsausschuss dazu gesagt? Hier ein Einblick. Die Zitate stammen aus den auf der Parlamentshomepage veröffentlichten Protokollen.

* Finanzminister Gernot Blümel wurde am 25. Juni 2020 befragt, es ging auch um seine Beziehung zu Öbag-Chef Thomas Schmid

Blümel: Ich kenne Thomas Schmid schon sehr, sehr lange. Wir waren Arbeitskollegen im Außenministerium und haben auch dazwischen seither immer wieder miteinander zu tun gehabt. Ich kenne ihn sehr gut.

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* Blümel zur Vorstandsbestellung von Thomas Schmid

Blümel: Nun, was die Vorstandsbestellung in der Öbag betrifft, so ist das ja auch klar geregelt, dass das eine Aufgabe des Aufsichtsrates der Öbag ist. Ich war ja lediglich im Nominierungskomitee der Öbib dabei, und insofern ist auch das nicht in meinen Zuständigkeitsbereich gefallen.


* Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte am 24. Juni des Vorjahrs aus, auch da ging es unter anderem um seine Beziehung zu Schmid.

Helmut Brandstätter (Neos): Thomas Schmid, was ist der für Sie? Thomas Schmid.

Kurz: Was meinen Sie mit: "Was ist der für Sie"?

Brandstätter: Ist es ein Mitarbeiter, ein Freund, ein Bekannter, ein Parteifreund? Wie würden Sie ihn aus Ihrer Sicht beurteilen?

Kurz: Ich kenne ihn seit ungefähr zehn Jahren in unterschiedlichen Funktionen – ich war Staatssekretär, Außenminister, Bundeskanzler; er war Pressesprecher, Kabinettschef, Generalsekretär –, und wir haben immer gut zusammengearbeitet, in einer freundschaftlichen Art und Weise, wie ich das mit vielen in der Volkspartei und darüber hinaus pflege – jetzt nicht gerade wir beide, aber sozusagen sonst mit vielen im politischen Bereich. Ich bin weder mit ihm in die Schule gegangen, noch ist er ein Jugendfreund, noch fahren wir gemeinsam auf Urlaub, aber ich würde sagen, wir haben immer freundschaftlich gut zusammengearbeitet.

Brandstätter: Er war Generalsekretär im Finanzministerium und sollte Chef der Öbag werden. Fanden Sie diese Idee gut?

Kurz: Ich halte ihn für qualifiziert.

Brandstätter: Ist die Planung, dass er Chef der Öbag wird, von Ihnen? Von wem ist das ausgegangen?

Kurz: Von mir ist das nicht ausgegangen, aber soweit ich mich erinnern kann, hat er mich irgendwann davon informiert, dass er sich bewerben wird. Es war auch in den Medien ein Thema.

Brandstätter: Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Ihnen gesagt hat: Ich möchte mich für diesen ausgeschriebenen Posten bewerben!, haben Sie mit ihm nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?

Kurz: Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell qualifizierter Kandidat wäre.

Stephanie Krisper (Neos): Haben Sie auf die Bestellung Schmids zum Vorstand der Öbag Einfluss genommen oder zumindest versucht, auf die Bestellung Einfluss zu nehmen?

Kurz: Die Entscheidung über die Bestellung liegt beim Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat hat diese Entscheidung getroffen; und ich habe vorher schon beantwortet, dass ich den Thomas Schmid für qualifiziert erachte und dass ich auch informiert war, dass er sich bewirbt, und dass ich danach informiert wurde, dass die Bewerbung gut gemacht wurde und er auch bestellt wurde.

Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie an Gesprächen beteiligt, dass Herr Schmid da der Alleinvorstand werden soll?

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Kurz: Ich habe vorhin schon beantwortet, dass ich gewusst habe, dass er sich bewirbt, das war auch medienöffentlich. Ich habe immer gewusst, dass er ein potenzieller Kandidat ist, aber ich habe die Entscheidung nicht getroffen, sondern die Entscheidung hat der Aufsichtsrat getroffen.

Krainer: Waren Sie im Vorfeld eingebunden?

Kurz: Eingebunden im Sinne von informiert, ja.

Krainer: Haben Sie sich für ihn eingesetzt?

Kurz: Ich habe ihn immer für qualifiziert erachtet. Ich weiß nicht mehr, ob mich jemand um meine Meinung gefragt hat, aber hätte mich jemand um meine Meinung gefragt, hätte ich gesagt, dass ich ihn für qualifiziert halte. Die Entscheidung obliegt aber nicht dem Bundeskanzler.

Krainer: Haben Sie sich für ihn eingesetzt?

Kurz: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich für ihn eingesetzt habe, aber ich habe ihn für qualifiziert gehalten. Und ja, ich respektiere auch diese Entscheidung.

Die Chats dazu

Aus dem Auswertungsbericht der WKStA und den Chats, die dem zugrunde liegen, erhellt sich, dass Schmid schon 2017 zur Staatsholding Öbib (aus der dann die Öbag wurde) wechseln wolle. Zitat aus dem Bericht: Schmid äußerte gegenüber Arnold Schiefer (Verhandler aufseiten der FPÖ, Anm.) bereits am 10. Dezember 2017 den Wunsch, zur Öbib wechseln zu wollen, meinte jedoch, dass Kurz noch seinen Verbleib im Bundesministerium für Finanzen wünsche.

Am 1. Juni 2018 teilte er das auch einer Kabinettsmitarbeiterin so mit, wie aus einem Chat mit ihr hervorgeht:

Schmid: Bevor die ÖBIB neu kommt vergeht noch so viel Zeit. Sebastian will mich nicht gehen lassen.

Mitarbeiterin: Ja ich kann Sebastian ja auch verstehen!

Schmid selbst, seit April 2019 Alleinvorstand der Staatsholding, wurde am 24. Juni 2020 von den Abgeordneten befragt, also am selben Tag wie Kurz. Auch da ging um sein Verhältnis zum heutigen Kanzler. Schmids Antwort war fast identisch mit jener von Kurz:

Brandstätter: Würden Sie sagen, Sie sind mit ihm befreundet?

Schmid: Wir sind nicht gemeinsam in die Schule gegangen, und wir waren auch nicht gemeinsam auf Urlaub.

Hier noch ein paar weitere Auszüge aus Chats zwischen Schmid und Kurz. Zur Erinnerung: Das Hearing für den Öbag-Posten fand am 26. März 2019 statt, am 27. März wurde Schmid vom Aufsichtsrat zum Alleinvorstand der Staatsholding bestellt.

Kurz in einer Nachricht an Schmid nach der Aufsichtsratssuche für die Öbag am 13. März 2019: Super danke vielmals!!!! Du Aufsichtsratssammler :)

Schmid: Das ist dort mein Hauptberuf – bitte mach mich nicht zu einem Vorstand ohne Mandate . Das wäre ja wie Wiener Stadtrat ohne Portfolio

Kurz: Kriegst eh alles was du willst

Schmid: Ich bin so glücklich :-))) … Ich liebe meinen Kanzler


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Schmid und Löger

Auch über sein Verhältnis zum damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wurde Schmid von den Mandataren im U-Ausschuss gefragt.

Brandstätter: Wie war Ihr Verhältnis zu Minister Löger?

Schmid: Ein sehr professionelles, wir haben ein sehr professionelles Arbeitsverhältnis gehabt.

In einem Chat vom 13. Dezember 2018 mit einem Pressemitarbeiter aus dem Ministerium klang das etwas anders. Zuvor hatte Löger in einem Pressegespräch Ankündigungen getätigt, die so nicht vorgesehen waren. Auch diese deuten übrigens darauf hin, dass Schmid bereits damals (als noch nicht einmal der Aufsichtsrat stand) damit rechnete, in die Öbag zu kommen.

Schmid: Das ist totale Unprofessionalität. Wenn seine Dummheit verhindert, dass ich in die Öbag darf, bin ich echt sauer.

Pressereferent: Das können sie dir nicht mehr nehmen. Das wäre komplett irre.

Schmid: Hoffentlich. Das schadet alles unserem Ruf. Der fährt das BMF an die Wand kommunikativ. (…) Bei dem musst du so aufpassen. Alles du machen. Und wenig Medien. Fernsehen vermeiden.

Pressereferent: Aber wie können wir ihm beibringen, dass er fleißig sein muss und Briefings forciert?

Schmid: Gar nicht. Das ist ein 60-jähriger Mann.

Die Netzwerkerin Gabriele Spiegelfeld

Für die Suche nach geeigneten Aufsichtsratskandidaten und vor allem -kandidatinnen (nicht nur) für die Öbag war die Beraterin Gabriele Spiegelfeld zuständig. Sie hat seit 2019, wie sie selbst auch im U-Ausschuss ausgesagt hat, einen Vertrag mit der Öbag. Schmid wurde auch dazu befragt.

Brandstätter: Haben Sie im Rahmen der Öbag einen Dienstleistungsvertrag mit Frau Spiegelfeld?

Schmid: Nach Gründung der Öbag sind mehrere Lose im Rahmen eines europäischen Ausschreibungsverfahrens ausgeschrieben worden. Die Themen diesbezüglich waren Wirtschaftsprüfung, Recht, Beratung, Kommunikation. Das ist auch von einer externen Rechtsanwaltskanzlei überprüft worden. Dieser ganze Prozess war sehr aufwendig und hat relativ lange gedauert. Es hat dann verschiedene Bewerber gegeben und Kommissionen, die das beurteilt haben, und für das Los Kommunikation hat auch Frau Spiegelfeld sozusagen gewonnen und ist bei einem dieser Themen mit fünf anderen Unternehmen mit dabei.

Brandstätter: Dann wiederhole ich die Frage, ob sie auch im Finanzministerium einen Vertrag hatte. (…)

Schmid: Also Frau Spiegelfeld hat gelegentlich Projekte für das Finanzministerium abgewickelt, aber wie und welche Art von Vertragsverhältnis das war, dazu habe ich keine Wahrnehmung.

Brandstätter: Hat Sie dafür Geld bekommen?

Schmid: Ich gehe davon aus.

Auch über die Zukunft von Beraterin Spiegelfeld unterhielt sich Schmid mit seiner Mitarbeiterin, nachdem klar war, dass er in die Öbag übersiedeln würde. Auszüge daraus:

Schmid: Gabi geht eh mit und ihr macht dann Veranstaltungen in der Öbag mit Hartwig (Löger, Anm.) gemeinsam :-) Die ist ne gute Seele und Büro bekommt sie dort auch :-)

Spiegelfeld wurde dazu ebenfalls befragt im U-Ausschuss. Sie sagte aus, ihre Agentur habe 2018 ein Geschäftsverhältnis mit der ÖVP gehabt. Auch mit der Öbag gebe es ein Beratungsmandat für Kommunikation und Netzwerke – nachdem man bei einer internationalen Ausschreibung eines von fünf Losen bekommen habe.

Befragt wurden auch schon Aufsichtsratsmitglieder der Öbag, nach denen damals, ab Anfang 2019, immer hektischer gesucht wurde. Zwischen ihrer Darstellung, auf Basis welcher Qualifikationen sie geholt wurden, und den Schilderungen von Schmid in seinen Chats lassen sich gewisse Diskrepanzen ausmachen.

Eine Öbag-Kontrolleurin berichtete ihre Wahrnehmungen im U-Ausschuss so:

Ende Jänner wurde ich angerufen – und ich möchte dazu sagen, dass ich zum Herrn Bundesminister (Löger, Anm.) davor keinerlei Bekanntschaft gepflegt habe, noch zählt er zu meinem Freundeskreis. (…) Ich habe mir gedacht: Ich sitze wahrscheinlich in dieser Republik genau auf zwei Tickets. Das eine ist als Finanzexpertin, denn ich bin ja eindeutig als CEO einer Bank – (…) Der zweite Fall, und ich sage das durchaus mit einem positiven Impact: Ich saß auch auf der Frauenkarte, denn wir unterliegen dem Corporate-Governance-Kodex – es ist eine gewisse Anzahl von Frauen zu ernennen; ich finde das sehr positiv –, und klarerweise war mir klar, dass man auch eine Frau sucht. Ich finde das gut. (…) Und es war bekannt, dass ich frei bin, dass ich Zeit habe. Also, um offen zu sein: Sie mögen das vielleicht als sehr selbstüberzeugt empfinden, aber ich habe es nicht weiter verwunderlich gefunden, dass man mich gefragt hat.

Schmid hat diese Kandidatin dem Kanzler in einer Nachricht vom 24. Jänner 2019 mit folgenden Worten ans Herz gelegt: Sie sei "wirklich eine gute! Compliant, Finanzexpertin, steuerbar, Raiffeisen und sehr gutes Niederösterreich Netzwerk, Sie hat für NÖ auch delikate Sachen sauber erledigt". (red, 29.3.2021)