Thomas Schmid bleibt Öbag-Chef.

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Der Aufsichtsrat der Öbag unter seinem Vorsitzenden Helmut Kern sieht keinen Grund für eine Abberufung von Alleinvorstand Thomas Schmid. Das hat der Aufsichtsrat nach Beratungen am Montag entschieden, bei denen er anwaltliche Unterstützung in Anspruch genommen hatte. Aus dem neuen Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu Chats habe sich weder strafrechtlich etwas ergeben, noch enthielten die Nachrichten Gründe, die für eine Abberufung des Vorstands sprächen, gab die Öbag am Montag bekannt. Die Opposition sieht das anders und will politische Konsequenzen – sie fordert nicht nur den Rücktritt Schmids, sondern auch jenen von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Die Neos wollen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zudem wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss anzeigen.

Zuvor hatten die Öbag-Kontrollore am Sonntag viel Lesestoff gehabt. Die Lektüre des umfangreichen Berichts der WKStA rund um neue Details zur Bestellung Schmids zum Alleinvorstand der Staatsholding 2019 beschäftigte deren Kontrolleure außerordentlich. Es geht um die rechtliche Frage, ob es nun einen Grund für Schmids Abberufung gibt. Bisher stand der Aufsichtsrat unter Kerns Führung hinter dem Vorstandsvorsitzenden.

Strafrechtlich "nichts dran"

Aus strafrechtlicher Sicht dürfte sich aus den Nachrichten eher nichts Neues ergeben, hatten mit der Causa Vertraute bereits am Sonntag gemeint. Eine sogenannte Smoking Gun ist nicht aufgetaucht, auch nicht für den Verdacht, es habe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand und dem Installieren eines türkisen Öbag-Vorstands gegeben. Schmid ist einer von zahlreichen Beschuldigten in der Causa Postenschacher, für sie alle gilt die Unschuldsvermutung.

Voraussetzung für eine Abberufung durch den Aufsichtsrat wäre ein wichtiger Grund, der etwa zum Vertrauensverlust führen würde. Allerdings: Alles, worum es in den Chats geht, hat Schmid in seiner Funktion als Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium gemacht – und nicht als Öbag-Chef, der er seit April 2019 ist. Salopp gesagt hat das mit der Öbag nichts zu tun, darauf könnte sich der Aufsichtsrat also nicht stützen.

Opposition will politische Konsequenzen für Blümel und Kurz

Für die Opposition zeigt sich in den veröffentlichen Chats jedoch ein "Sittenbild eines korrupten Systems von Macht und Günstlingswirtschaft", konstatierte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Diese bestätigten "alles, was wir vermutet haben". Nun sei auch klar, warum die ÖVP, aber auch die Grünen den Öbag-Teil aus dem Untersuchungsausschuss "raushaben" wollten. Für die Neos-Chefin ist es untragbar, dass Schmid im Amt bleibt.

Für Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper ist nun klar, dass sowohl Blümel als Eigentümervertreter als auch Kurz im Untersuchungsausschuss gelogen haben. Das sei ein Strafdelikt, weswegen die Neos gegen Kurz nun auch eine Sachverhaltsdarstellung wegen Falschaussage einbringen.

Blümel müsse endgültig als Finanzminister und Wiener ÖVP-Chef zurücktreten, forderte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp. Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, sieht in Kurz und Blümel die "Fädenzieher" der Postenbesetzung und forderte ebenfalls den Rücktritt Schmids als Öbag-Chef. SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek wiederum kritisierte Sexismus in den Chatprotokollen.

ÖVP betont Schmids Kontakte zur SPÖ

Deren Kritik an der Postenbesetzung sei "kaum an Heuchelei zu überbieten", meinte der ÖVP-Abgeordnete im U-Ausschuss, Klaus Fürlinger. Das Öbag-Gesetz sei nämlich nicht nur von den damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ beschlossen worden, sondern auch mit roten Stimmen. Verhandelt hätten damals auch der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian, die Bestellung sei einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPÖ-Mitglieder im Aufsichtsrat erfolgt.

Weitere Chatprotokolle, die nach Auftauchen der Vorwürfe gegen die ÖVP in Umlauf gebracht wurden, sollen auch Kontakte Schmids zur SPÖ illustrieren – konkret zu Katzian. Dabei ging es allerdings vor allem um die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat. Katzian war Chefverhandler der SPÖ für die Reform der Staatsholding, die Entsendung von Betriebsräten in den Aufsichtsrat war eine Bedingung der SPÖ für die Zustimmung zur Reform im Nationalrat.

Gegen Schmids Beförderung zum Öbag-Chef hatte Katzian damals aber offenbar nichts einzuwenden: "Jetzt next Step – deine Bestellung", schrieb er nach dem Beschluss an den Finanzministeriumsverhandler. Auf Katzians Nachrichten angesprochen, meinte Meinl-Reisinger, sollte dieser bei der Bestellung Schmids mitgewirkt haben, dann sei dies "genauso verwerflich".

Vertrauensverlust

Die Frage, ob Schmid dem Aufsichtsrat möglicherweise die Unwahrheit gesagt hat, wurde verneint. Wäre der Aufsichtsrat zu dieser Ansicht gekommen, dann wäre der Abberufungsgrund des Vertrauensverlusts wohl gegeben, so Juristen. In dem Fall hätte sich Schmid beim Handelsgericht gegen seine Abberufung wehren können – und seinen Vertrag samt Bezahlung bis Vertragsende nach fünf Jahren einklagen. Genau das hat Sidlo gemacht. Ihn hat der Casinos-Aufsichtsrat Ende 2019 als Finanzvorstand abberufen, er habe das Kontrollgremium belogen, nachdem auch da Chats aus dem Bestellungsvorgang publik geworden waren, lautete die Begründung. Sidlo bestreitet das und hat den Glücksspielkonzern geklagt: Er will mehr als 2,3 Millionen Euro. (Renate Graber, red, 29.3.2021)