Verschiedene Firmen haben bereits damit begonnen, die Wände ganzer Häuser im Druckverfahren vor Ort herzustellen.

Foto: STANDARD/Georg Pichler

Aller Anfang ist ... zumindest nicht ganz einfach. Das lernt man, wenn man zum ersten Mal einen 3D-Drucker in Betrieb nimmt. Während "traditionelle" Drucker, die Tinte oder Toner zu Papier bringen, normalerweise nach dem Einstecken einsatzbereit sind, braucht es ein paar Schritte mehr, bevor man Schicht für Schicht aus Kunststoff Gegenstände erzeugen kann. Mehr Kabel werden eingesteckt, das Druckbett soll möglichst genau in die Horizontale gebracht und auch das Hilfsprogramm – der sogenannte Slicer – eingerichtet werden. Dieser schnappt sich das zu druckende 3D-Modell und errechnet daraus die Pfade, die der Drucker nehmen muss, um es zu einem physischen Gegenstand zu machen.

Auch der eine oder andere Fehldruck zu Beginn gehört dazu, bis man die perfekten Einstellungen gefunden hat: Im Falle des Autors sorgten suboptimale Einstellungen dafür, dass den zwei testweise gedruckten Eulenfiguren am Ende die Köpfe fehlten.

Einfacher als gedacht

Das alles klingt etwas kompliziert, ist in der Praxis aber einfacher als gedacht. Die wahre Herausforderung stellt sich eigentlich erst, wenn es darum geht, die nun gewonnenen kreativen Freiheiten auch zu nutzen. Denn wenn man nicht nur fertige Modelle aus dem Internet herunterladen und nachdrucken, sondern eigene Objekte anfertigen möchte, muss man in einem 3D-Modelling-Tool oder einer Konstruktionssoftware Hand anlegen. Und je nach Umfang kann die Lernkurve hier ganz schön steil ausfallen. Es gibt aber auch kostenlose Software wie Tinkercad, die sich speziell an Einsteiger richtet und Raum zum Experimentieren mit einfacheren Projekten bietet, bis man bereit ist, auf anspruchsvollere Programme umzusteigen.

Das erschließbare Potenzial wird anschließend nur noch von der Größe des Druckbetts und den schwerkraftbedingten Limits in der Gestaltung von Objekten begrenzt. Dieser Schwierigkeiten kann man sich wiederum durch den Druck mit flüssigem Kunstharz entledigen. Drucker dieser Art sind aber etwas teurer und für die Nutzung daheim aufgrund ihrer Geruchsentwicklung nicht geeignet, so man nicht einen gut belüfteten Bastelraum zur Verfügung hat.

Druckbare Ersatzteile

Aber warum sollte man sich das Ganze überhaupt antun? Weil der 3D-Druck eine wichtige Zukunftstechnologie ist, die auch Otto Normalverbrauchern viel bieten kann. So eröffnet sie etwa den Weg, sich selbst Ersatzteile zu erstellen, die sonst gar nicht oder nur zu Mondpreisen von Geräteherstellern zu bekommen sind. Ein Klassiker wären etwa die Rollen für die Einschübe des Geschirrspülers, die häufig lange vor der Maschine selbst den Geist aufgeben. Praktische Beispiele für selbst druckbare Alltagshelfer und Ersatzteile wären auch Wandhalteclips für Besen oder Bodenwischer oder die Kappen von Tasten am Computerkeyboard. Beliebt sind 3D-Drucker auch bei Brettspielern. Hier reichen die Optionen von einfachen Spielsteinen für Mensch ärgere dich nicht und Konsorten bis hin zu Charakteren, Gegnern und anderem Zubehör für Pen-and-Paper-Rollenspiele. Warum teuer kaufen, wenn man sich so etwas selbst drucken und vor allem auch individualisieren kann?

Der Einstieg ist heute um einiges leichter und günstiger als noch vor ein paar Jahren. Taugliche Drucker für zu Hause gibt es schon um etwa 300 Euro. Zahlreiche kostenlose Online-Anleitungen in Form von bebilderten Texten und Videos helfen beim Umgang mit der Maschine selbst und der Software. Fertige Modelle und Projektanleitungen gibt es online en masse zu finden. Besonders passionierte Nutzer können ihren Drucker auch modifizieren, um schönere und schnellere Ergebnisse zu bekommen oder ihrem Gerät neue Funktionen zu bescheren, die es ab Werk noch gar nicht hat.

The Future Is Now

Man muss auch nicht einmal selbst einen Drucker daheim aufstellen. Sogenannte Makerspaces bieten gegen Eintritt oder Mitgliedsgebühr Zugang zu Geräten, die Betreiber und andere Besucher stehen Anfängern häufig mit Rat und Tat zur Seite. Vielerorts sind auch Workshops im Angebot, im Rahmen derer man sich mit dem 3D-Druck vertraut machen kann.

Wohin die Reise geht, zeigen auch Entwicklungen im industriellen Bereich. Der tschechische Hersteller Prusa betreibt etwa eine stetig wachsende "Farm" von 3D-Druckern, die bei der Herstellung neuer 3D-Drucker helfen. Und verschiedene Firmen haben begonnen, die Wände ganzer Häuser im Druckverfahren vor Ort herzustellen. Natürlich gibt es aber auch eine dunkle Seite an diesem Werkzeug: Auch erste Waffenteile wurden schon erfolgreich auf diese Weise angefertigt. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Es gibt keinen Grund, sich nicht auf das Abenteuer 3D-Druck einzulassen. (Georg Picher, 30.3.2021)