Wien – Die Befürchtungen vieler Handelsunternehmer werden wahr: Die "Osterruhe" zur Eindämmung der Corona-Krise wird in Wien bis 11. April verlängert. Genau zur für den Handel so wichtigen Osterzeit zusperren zu müssen sei eine Katastrophe, beklagt der Handelsverband. Den ostösterreichischen Händlern würden damit mindestens vier wichtige Einkaufstage und damit ein Umsatz von rund 500 Millionen Euro entgehen.

Jede weitere Lockdown-Woche koste allein den Wiener Handel rund 210 Millionen Euro, rechnen die Interessenvertreter vor. Dementsprechend gedrückt ist die Stimmung in der Branche. "Was soll man machen", zuckt Elfriede Breitenlacher die Achsel. Die Blumenhändlerin, grüner Mantel, akkurat geschnittenes kurzes Haar, steht zwischen blutroten Rosen, bunten Tulpen und Sträußen von Palmkätzchen in ihrem kleinen Geschäftslokal im zweiten Bezirk und schüttelt resigniert den Kopf.

Die Befürchtungen vieler Händler werden wahr: Der Lockdown in Wien wird länger dauern als zunächst erhofft.
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Die Lockdowns würden ja doch nicht viel helfen. "Jetzt haben Sie schon so oft zugemacht, und trotzdem hat sich die Lage nicht gebessert." Auch mit Tests als Eintrittskarte in den Handel kann sie wenig anfangen. "Wer soll sich zuerst testen lassen, um dann einen Blumenstrauß zu kaufen?", fragt sie eher rhetorisch hinter ihrer Gesichtsmaske: "Das macht doch alles keine Freude, weiß ich doch von mir selbst." Am Ende werde es wohl vielen so ergehen wie ihrer Freundin auch, sagt die 62-Jährige.

Die habe ein Friseurgeschäft in der Klosterneuburger Straße. Nach dem ersten Ansturm unmittelbar nach der Wiedereröffnung am 8. Februar sei es dort ruhig geworden. Aufgeben will sie trotzdem nicht. "Jetzt bin ich schon 32 Jahre hier, ich hab schon so viel erlebt." Die Kosten in ihrem Geschäftslokal seien vergleichsweise niedrig, Angestellte habe sie nicht. Was sie rette: "Ich haben einen Mann, der gut verdient."

Jetzt geht die Sorge um, dass der Lockdown noch länger dauern könnte.
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Margarete Gumprecht, Handelsobfrau in der Wiener Wirtschaftskammer, sagt, der Wiener Handel trage den Lockdown bis zum 11. April mit. Dann müsse es aber ein "kontrolliertes Öffnen" geben. "Man kann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zumachen, aber wenn die Bevölkerung nicht mitmacht, wird das die Lage nicht verbessern", so Gumprecht. Es mache auch wenig Sinn, wenn Wien allein seine 25.000 Geschäfte zusperre, Niederösterreich und das Burgenland aber nicht, so Gumprecht. "Entweder wir sperren alle auf oder alle zu." Immerhin sei Wien von Einkaufsagglomerationen wie der SCS in Vösendorf oder dem G3-Shoppingcenter Gerasdorf umlagert.

Gleiche Regeln für alle

Wie andere Handelsvertreter auch fordert sie, dass nach dem Wiederaufsperren gleiche Regeln für alle Handelsbetriebe gelten. Wenn negative Corona-Tests Voraussetzung für den Eintritt in den Handel würden, könne das nicht nur für den Non-Food-Handel gelten. Dass ein Test nur dann als Eintrittsticket gelten könnte, wenn er nicht älter als 48 Stunden oder gleich gar nur 24 Stunden ist, kann sich die WKO-Funktionärin wiederum kaum vorstellen. Viel sinnvoller sei es doch, viel mehr Menschen zumindest ein- bis zweimal pro Woche dafür zu gewinnen, beim Testen mitzumachen.

Die Frisöre und körpernahen Dienstleister sind nicht weniger entnervt. Ihr Kundschaft hat sich nach einem ersten Run nach dem Lockdown inzwischen wieder zerstreut. Aufgrund von Homeoffice sei für viele der Weg zum Friseursalon nachrangig, sagt ein Friseurmeister, den Rest erledige die Verpflichtung, einen negativen Covid-Test vorzulegen. Die Aussichten seien auch nicht vielversprechend, denn in der Branche ist von einer drohenden Verlängerung des Lockdowns über den 11. April hinaus die Rede. "Wenn der Ladenschluss dann auch noch auf 18 Uhr vorverlegt wird, wie offenbar diskutiert wird, dann können wir gleich zulassen", sagt Herr B., der seinen Namen lieber nicht im STANDARD lesen will. "Wie sollen wir Mieten und Steuern verdienen? Wir wollen arbeiten statt Staatshilfen."

Indirekt am stärksten betroffen

Andere wären freilich froh, mehr Staatshilfen zu bekommen. Etwa die Wiener Taxis, die bisher nur auf den Härtefallfonds sowie den Fixkostenzuschuss zugreifen können, wie Wirtschaftskammer-Obmann Resul Ekrem Gönültaş erklärt. Umsatzersatz wie die Gastronomie? Fehlanzeige. "Dabei sind wir von Lockdowns indirekt am stärksten betroffen, denn wir leben von einer Gesellschaft, die sich bewegt", sagt Gönültaş. Keine Touristen, keine Freizeitwirtschaft, keine Gastronomie. "Was haben wir dann auf der Straße noch verloren?"

Wie geht es den Wiener Taxis nach einem Jahr Corona-Krise? "Einige Unternehmen, die noch etwas auf der Seite hatten, haben überlebt", sagt der Obmann. Größere Betriebe konnten ihre Fahrzeugflotte verkleinern, aber viele kleine haben aufgegeben oder das Geschäft auf Eis gelegt. Ist der neuerliche Lockdown in der Stadt für die Branche zu verkraften? "Wenn wie vor einem Jahr wieder keiner auf die Straße geht, habe ich die Befürchtung, dass es nicht jeder schaffen wird", sagt Gönültaş. (Regina Bruckner, Luise Ungerboeck, Alexander Hahn, 30.3.2021)