Der Verfassungsgerichtshof teilte die Bedenken des Obersten Gerichtshofs.

APA/GEORG HOCHMUTH

Wer bisher einen Quarantänebescheid bekam, konnte beim ansässigen Bezirksgericht eine Überprüfung der Freiheitsbeschränkung beantragen. Ende letzten Jahres stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) einen Antrag auf Aufhebung der Bestimmung. Zu Recht, wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun erklärte: Die Zuständigkeit der Bezirksgerichte bei der Überprüfung von Absonderungsmaßnahmen verstoße gegen das Legalitätsprinzip. (VfGH 10.3.2021, G 380/2020)

Quarantänebescheide im Zusammenhang mit Covid-19 werden auf Grundlage des Epidemiegesetzes erlassen. Zuständig für die Ausstellung ist grundsätzlich der Magistrat oder die Bezirkshauptmannschaft. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass Personen, die in Quarantäne geschickt werden, die Bescheide bei einem Bezirksgericht anfechten können. Das zuständige Gericht ist verpflichtet, die Zulässigkeit der Absonderung zu überprüfen und die Freiheitsbeschränkung gegebenenfalls aufzuheben.

Bedenken des OGH

Der Oberste Gerichtshof, das Landesgericht Korneuburg sowie das Bezirksgericht Zell am Ziller stellten Ende des vergangenen Jahres den Antrag, die Bestimmungen über die Zuständigkeit der Justiz im Epidemiegesetz aufzuheben. Die Gerichte hegten "Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Bestimmung mit dem Grundsatz der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung".

Darüber hinaus bemängelten sie, dass das Gesetz nicht ausreichend bestimmt sei und daher gegen das Legalitätsprinzip verstoße. Das Epidemiegesetz enthalte keine genauen Regelungen der Behördenzuständigkeit. Es sei unklar, unter welchen Voraussetzungen das Gericht angerufen werden könne, kritisierte der OGH.

Zuständigkeiten unklar

Diesem Argument folgte nun der Verfassungsgerichtshof. Die angefochtene Regelung lasse nicht erkennen, worin der Prüfungsgegenstand und die Zuständigkeit der Bezirksgerichte genau liegt. Insbesondere bleibe unklar, "in welchem Verhältnis die Zuständigkeiten des Bezirksgerichtes und des Verwaltungsgerichtes zueinander stehen". Die Regelung verstoße daher gegen das Prinzip, dass Gesetze ausreichend bestimmt sein müssen.

Die Bezirksgerichte werden die Entscheidung wohlwollend aufnehmen: Ihre Zuständigkeit führte zu teils großem Verwaltungsaufwand. Alle Bescheide mussten vom Magistrat oder der Bezirkshauptmannschaft an die Gerichte übermittelt werden. Dort wurden sie, teilweise hunderte täglich, in Akten einsortiert. Tatsächliche Beschwerden waren selten – oft war Betroffenen auch nicht klar, ob sie sich nun an die Behörde oder das Gericht wenden sollen.

Betretungsverbot in Innsbruck gesetzeskonform

Das im März 2020 von Bürgermeister Georg Willi (Grüne) erlassene Betretungsverbot für die nördliche Innpromenade und die westliche Sillpromenade war laut Höchstgericht dagegen verfassungskonform. Das für die Strafen zuständige Landesverwaltungsgericht Tirol war der Meinung, dass die Verordnung nicht ausreichend begründet wurde. Der Verfassungsgerichtshof teilte die Bedenken nicht. Bloß punktuelle, kleinräumigere Betretungsverbote hätten nur zu einer Verlagerung von Menschenansammlungen an andere Orte geführt.

Keine Entschädigung bei Reisequarantäne

Wer nach einer Reise in Heimquarantäne muss, hat keinen Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs. Eine Bezirksverwaltungsbehörde und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hatten den entsprechenden Antrag eines Unternehmens abgelehnt. Die Verpflichtung, sich bei der Rückkehr nach Österreich in Quarantäne zu begeben, sei keine Absonderungsmaßnahme nach dem Epidemiegesetz. Deshalb gebe es auch keinen Vergütungsanspruch. Der VfGH lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanzen. (japf, 30.3.2021)