Immer wieder wird von öffentlicher Seite darauf hingewiesen, dass in Österreich mit deutlichem Abstand mehr Budget für die pandemiebedingte finanzielle Unterstützung von Vereinen zur Verfügung gestellt wird als in anderen EU-Ländern. Wie haben unsere Vereine das geschafft? Man könnte fast meinen, sie hätten ein eigenes Ministerium.

Schwierige Förderungen

NPOs, die es bis jetzt geschafft haben, werden auch für den Rest der Pandemie mit finanziellen Mitteln von der öffentlichen Hand unterstützt. Denn letztendlich kam er ja dann doch, der NPO-Fonds in seiner Neuauflage für das vierte Quartal 2020. Und solange es notwendig ist, soll diese Unterstützung auch verlängert werden. Das verspricht Eva Blimlinger, Abgeordnete zum Nationalrat für die Grünen und eine jener Politikerinnen, die bei der Entwicklung wirtschaftlicher Maßnahmen eine Lanze für Vereine beziehungsweise Nonprofit-Organisationen (NPOs) gebrochen haben, im Podcast "Gemeinwohl-Geplauder".

Das zu erreichen sei nicht einfach gewesen, berichtet Blimlinger. Denn als sie sich gemeinsam mit Mitarbeitenden aus dem Kabinett von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) für besagte finanzielle Unterstützung von Vereinen einsetzte, wurde schnell klar, dass die öffentliche Hand kaum über Datenmaterial zu Österreichs Vereinen verfüge, auf Basis dessen sich Unterstützung konzipieren ließe. Für Unternehmen war schneller Hilfe da, denn diese rechnen ihre Umsätze und Steuern bereits seit Jahrzehnten über Finanz Online ab. Das kommt mit vielen Vorteilen für den Staat: So können Umsätze und Abgaben vom Finanzministerium quasi auf Knopfdruck abgerufen werden. Entsprechend einfach war es auch, basierend auf diesem Datenzugang, Unterstützungsmaßnahmen für wirtschaftliche Einbußen während der Pandemie zu entwickeln und zu implementieren.

Vereine unterstehen dem Vizekanzler.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Inoffizielles Ministerium für Vereine

Für Vereine gibt es keine vergleichbare Plattform. Die meisten sind nicht umsatzsteuerpflichtig, entweder weil sie gemeinnützig sind, oder weil ihre Umsätze ganz einfach unter der Grenze von 35.000 Euro pro Jahr liegen. Das Finanzministerium hat also keinen institutionalisierten Zugang zu den für Unterstützungsmaßnahmen relevanten Daten von NPOs. Und das sei auch gut so, meint Blimlinger – denn was gehen das Finanzministerium die Geldflüsse unserer Vereine an? In vieler Hinsicht mag sie damit ja auch durchaus recht haben – in Zeiten einer Pandemie stellt diese fehlende Transparenz allerdings ein Problem dar – und hatte schmerzliche Verzögerungen von gut gemeinten und dringend notwendigen Hilfeleistungen zur Folge. Zudem hätte das Finanzministerium von sich aus – unter anderem begründet durch ein fehlendes Bewusstsein aufgrund der fehlenden Zahlen zum betroffenen Sektor – vielleicht nie Schritte zur Unterstützung von NPOs eingeleitet, obwohl es formal für finanzielle Unterstützung in diesem Bereich zuständig wäre.

Das alles sind keine guten Vorzeichen für das EU-weit größte Unterstützungsbudget für NPOs. Österreichs Vereine können sich also durchaus glücklich schätzen, dass sich dennoch Unterstützende gefunden haben. Jene Personen, darunter federführend auch Blimlinger als Obfrau des Kulturausschusses, treten, wohl auch parteipolitisch bedingt, in erster Linie im Dunstkreis von Kogler auf und haben das Thema der monetären Unterstützung für Vereine dort platziert. Aus dem Minister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ist so – wohl auch dadurch, dass ein großer Anteil der betroffenen NPOs eben aus Sportvereinen oder Kulturinitiativen besteht – nun informell also auch der Minister für Vereine geworden. Unsere Vereine haben infolge der Pandemie also de facto nicht nur ein eigenes Ministerium bekommen, sondern werden sogar vom Vizekanzler höchstselbst vertreten. Dass Vereine nicht bei den Ressorts Wirtschaft, Arbeit oder Soziales berücksichtigt wurden, macht dabei die Eigenheiten und auch die Vielseitigkeit dieser Organisationen deutlich. Denn eine NPO im Bereich der Pflege funktioniert ganz anders als eine im Bereich Bildung. Dementsprechend divers waren auch die Anforderungen an Unterstützungsmaßnahmen.

Vielfältiges Vereinsleben

In weiterer Folge wirft diese Entwicklung womöglich die Frage auf, wo das Thema in Zukunft angesiedelt sein sollte. Wird das Thema Vereine in Regierungen nach der Pandemie zu einem eigenen Ressort? Ist die Pandemie vielleicht der längst überfällige "Wake-up-Call", dass es eine eigene Staatssekretärin oder gar ein Ministerium für Vereine braucht? Denn man könnte sich letztlich auch fragen, wie denn Vereine bisher politisch vertreten wurden. Auf den ersten Blick ist eine eigene Vertretung ja eine schöne Idee. Bei genauerem Hinsehen kommen allerdings einige Widersprüche zum Vorschein. Denn es hat wohl einen Grund, dass über Vereine seit der Möglichmachung der Vereinsgründung 1848 kaum Daten gesammelt wurden. Und dass es bisher in der Zweiten Republik trotz der zahlreichen Gründungen von Vereinen noch nie ein entsprechendes Ministerium gegeben hat. Vereine werden in der Regel entsprechend ihrer Tätigkeit thematisch zugeordnet. Kulturvereine fühlen sich typischerweise von der Staatssekretärin für Kultur benachteiligt, Sportvereine suchen beim Ministerium für Sport um Unterstützung an, Bildungsinitiativen beim Bildungsministerium, NPOs im Pflegebereich im Sozialministerium und so weiter. Der Bedarf eines eigenen Ressorts für die Rechtsform des Vereines ist also eine Folge der Krise – und in seiner Notwendigkeit wohl auf diese beschränkt. Unter gewöhnlichen Umständen würde ein eigenes Ressort vermutlich eher Verwirrung stiften.

Umso positiver ist zu sehen, dass man sich in Krisenzeiten an der politischen Spitze auch ohne klares Ressort durchaus für Österreichs Vereine zuständig fühlt. Es ist auch gut, dass eine für viele so notwendige, aber eben einheitlich abgewickelte Krisenförderung jetzt viele NPOs dazu bringt, ihre Hausaufgaben zu machen und mehr Transparenz in ihre Finanzgebarung zu bringen. Das hilft hoffentlich, auch in Zukunft durch sinnvolle Transparenz an zielgerichtete Förderungen der öffentlichen Hand kommen – aber eben immer nur bei Bedarf. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner, 2.4.2021)