Es ist eine wirklich unpopuläre Entscheidung, die der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dieser Tage getroffen hat: Wien verlängert die Osterruhe um mindestens eine Woche – und das, bevor Handel, Dienstleister und Co überhaupt einen einzigen Tag geschlossen hatten. Wie es ab dem 11. April weitergeht, ließ Ludwig offen. Eine neuerliche Verlängerung ist also keinesfalls ausgeschlossen.

Es war eine etwas späte Einsicht, die Ludwig hatte. Expertinnen und Experten warnen seit Wochen, dass sich die Situation an den Intensivstationen immer weiter zuspitzen werde, sollten keine schärferen Maßnahmen getroffen werden. Das Gesundheitssystem wird die Flut an Schwersterkrankten nicht mehr lange stemmen können. Noch nie mussten so viele Covid-Patientinnen und -Patienten in der Hauptstadt intensivmedizinisch versorgt werden.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist sich der Dramatik der Lage sehr wohl bewusst.
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Das alarmiert und beängstigt mittlerweile auch Ludwig. Und so durchlief er zuletzt eine drastische Wandlung: vom Stadtchef, der bis vor wenigen Tagen noch die Öffnung der Schanigärten bei steigenden Neuinfektionszahlen vorbereitete, hin zum strikten Vorreiter des Zusperrens. Die Lage werde sich in den nächsten Tagen schließlich nicht grundlegend verbessern, sagt Ludwig – und hat damit leider recht.

Bei den anderen Landeshauptleuten der Ostregion stößt er mit seinen Warnungen jedoch auf taube Ohren. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) bremsen – und das gewaltig. Es soll schon schwierig genug gewesen sein, sie überhaupt zur sechstägigen Osterruhe zu bewegen, die für viele nur eine reine Farce ist. Die Warnungen aus den eigenen Spitälern hören die Landeschefs offenbar nicht, oder sie wollen diese nicht hören. Das kann fatal enden. Schon jetzt ist das Burgenland mit den Ressourcen am Ende. Werden nur noch zehn Intensivbetten für Non-Covid-Patientinnen und -Patienten freigehalten, heißt das schließlich, dass die elfte Person, die etwa einen Verkehrsunfall hat, keinen Platz mehr hat.

Dramatik der Lage

Doch das Burgenland will lieber warten. Darauf, dass sich die Situation in den westlichen Bundesländern genauso schlimm gestaltet? Darauf, dass ein bundesweiter Lockdown kommt? Bis es für einige vielleicht zu spät ist?

In Niederösterreich glaubt man noch immer, dass mit sanften Maßnahmen wie längerer Quarantäne oder zusätzlichen Tests das Ruder herumgerissen werden kann. Das Beispiel Wien mit zehn Teststraßen, 30 Schnupfenboxen und gratis PCR-Tests zeigt, dass das nicht ausreicht.

Und Gesundheitsminister Rudolf Anschober? Der Grünen-Politiker ist sich der Dramatik der Lage sehr wohl bewusst. Er will drängen, Druck machen und appelliert an die Landeshauptleute, sich dem Beispiel Wiens anzuschließen.

Dabei hätte Anschober selbst genügend Möglichkeiten, die über Bitten und Flehen an die Länder hinausgehen – er ist nicht auf die Gnade der Landeschefs in der Pandemiebekämpfung angewiesen, wie es die Bundesregierung derzeit scheinen lässt.

Stattdessen könnte Anschober einfach durchgreifen: Indem er sich selbst dem Wiener Beispiel anschließt und den Lockdown für die gesamte Region verlängert. Doch dafür bräuchte Anschober die Rückendeckung des Kanzlers. Sebastian Kurz (ÖVP) glänzt aktuell allerdings vor allem durch Abwesenheit. Die unpopuläre Entscheidung über Verschärfungen überlässt er anderen. (Oona Kroisleitner, 30.3.2021)